Einleitung Inhalt Suchen 5 z 01 01 Hilfe Treffer Angewandte Organisationsund QualitaÈtsmanagementstrategien fuÈr das Pflegemanagement 5 z 01 Andrea Kerres inhaltsuÈberblick Gerade bei der FuÈhrung eines Krankenhauses sind die sozialen, ¹weichenª Managementmethoden unerlaÈûlich. Die Pflege verfuÈgt dank der Professionalisierung der letzten Jahre uÈber diese benoÈtigte Kompetenz. Der Beitrag zeigt, mit welchen Strategien die Umsetzung ins Krankenhausmanagement im Rahmen der Organisationsentwicklung erfolgen kann. Weitere Ûberlegungen gelten dem Thema Unternehmenskultur/Unternehmensphilosophie. Schlieûlich wird dargestellt, wie sich Organisationsentwicklung in Verbindung mit QualitaÈtsmanagement als kooperatives Projekt zwischen den verschiedenen Berufsgruppen einsetzen laÈût. Einleitung 5 z 01 | 01 Das Gesundheitssystem befindet sich in einem staÈndigen Umbruch. Kaum etwas ist wirklich stabil, staÈndig werden neue Managementsysteme ausprobiert, neue politische Verordnungen muÈssen integriert werden. Es ist schwer, in diesem Hin und Her die Orientierung zu behalten. Die von der Gesundheitspolitik geforderten Sparmaûnahmen fuÈhren zu Einstellungsstops und zur Schlieûung von KrankenhaÈusern. Dadurch entsteht auf dem Markt eine Wettbewerbssituation. Der ¹Schonraum Krankenhausª muû bedingt durch politische Vorgaben und der daraus resultieren wirtschaftlichen Situation aufgegeben werden. Neben diesem politischen Wandel hat die Verschiebung der Alterspyramide zu einem veraÈnderten Patien1 Das Ende des ¹Schonraums Krankenhausª Demographische Entwicklung 5 z 01 01 Einleitung Inhalt Trend zur GeraÈtemedizin Pflege und Medizin: es fehlen integrative Konzepte Suchen Treffer Hilfe tengut gefuÈhrt, denn in Deutschland tragen die Trendsetter bekanntlich graue Haare. Zwar praÈgt bis heute das gesellschaftliche Ideal der Jugend die Republik, doch gehoÈrt die Zukunft den Alten. Denn der bereits beruÈhmt-beruÈchtigte demographische Wandel beschert der Republik eine alternde und ihrer Kopfzahl nach schwindende BevoÈlkerung. Das prognostizieren zumindest die BevoÈlkerungswissenschaftler. Ihnen zufolge steigt der Anteil der uÈber 60jaÈhrigen an der GesamtbevoÈlkerung von 22% 1990 auf 31% 2020. Das ist ein Plus von uÈber 40% in 30 Jahren und das Ergebnis aus hoher Lebenserwartung und niedrigen Geburtenzahlen. Beide Entwicklungen sorgen dafuÈr, daû bis zum Jahr 2030 der Anteil der Ølteren noch einmal zunehmen wird, bis auf 37%. Bis dahin soll sich gleichfalls der Anteil der Hochbetagten, also der uÈber 85jaÈhrigen, unter den Deutschen fast verdoppeln. Zugleich melden die Demographen eine ¹VerjuÈngung des Altersª, da auf dem Arbeitsmarkt die Altersgrenzen sukzessive nach unten verschoben werden. Das durchschnittliche Pensionsalter bzw. der Rentenbeginn hat sich deutlich unter die gesetzlichen Altersgrenze von 60 bzw. 65 Jahren verlagert. Die Weiterentwicklung der Medizin und der GeraÈtemedizin tun das ihrige dazu. Die Patienten werden aÈlter, die Pflege wird mehr geriatrisch ausgerichtet sein muÈssen und wesentlich mehr rehabilitative Elemente enthalten. Die medizinische Arbeit im Krankenhaus wird sich dadurch bedingt staÈrker an einer GeraÈtemedizin orientieren. FuÈr die Pflege im Krankenhaus kann das heiûen z. B. mehr Pflegemanagement ± im Sinne eines Case Managers ± im Schwerpunkt zu leisten. D. h. man muû sich hier als sozialer Dienstleister verstehen, der als Assistenzberuf (lateinisch: Helfer, Beisteher) seine TaÈtigkeit auf den Pa2 Einleitung Inhalt Suchen 5 z 01 01 Hilfe Treffer tienten in gleicher Art und Weise ausrichtet wie der Arzt. Beide arbeiten zum Wohl des Patienten, jeder von seiner Profession her. Leider fehlen dazu vielfach integrative Konzepte in Ausbildung und Praxis, um in der Pflege und Medizin intensiver zusammenarbeiten koÈnnen. MoÈglichkeiten gaÈbe es viele, z. B. im Bereich der Kommunikation (Kerres et al. 1999), der Visite (Kerres 1998) oder der Diagnostik (Kerres u. Hollick 1998). Neben diesen eher aÈuûeren oder strukturellen VeraÈnderungen hat die Professionalisierung des Pflegeberufs auch zu inneren VeraÈnderungsprozessen gefuÈhrt. Zur Zeit studieren ca. 1500 StundentInnen mit pflegerischem ErstBeruf an deutschen Fachhochschulen pflege- und gesundheitswissenschaftliche Inhalte mit dem Ziel der Akademisierung durch ein Diplom. Zugleich wird die Akademisierung der WeiterbildungslehrgaÈnge und die Nachdiplomierung der Pflegedienstleitungen (PDL) diskutiert. Diese StudiengaÈnge eroÈffnen erstmalig in Deutschland eine groûe akademische Chance fuÈr die Pflege. DaruÈber hinaus muÈssen fuÈr die nahe Zukunft PromotionsmoÈglichkeiten aufgezeigt und geschaffen werden, um den Bezug zwischen Wissenschaft und Praxis zu vertiefen. Gleichzeitig werden uÈber solche WerdegaÈnge Karrierechancen eroÈffnet. Dies fuÈhrt langfristig gesehen zur Professionalisierung der Pflege, die notwendig ist, um nicht den Weg der Abund Ausgrenzung zu gehen, sondern um den Vernetzungs- und Verzahnungsgedanken des interdisziplinaÈren Arbeitens zu unterstuÈtzen (Kerres u. Seeberger 1998). Diese VeraÈnderung der Machtpositionen zeigt sich in einigen HaÈusern in einer gleichberechtigten Stellung der Pflege zum aÈrztlichen und zum Verwaltungsdirektor an ± eine Entwicklung, die sich in weiteren HaÈusern fortsetzen 3 Akademisierung der Pflege Professionalisierung der Pflege 5 z 01 01 Einleitung Inhalt Suchen Treffer Hilfe wird. Einen Hinweis darauf findet sich auch in den Stellenausschreibungen, in denen zunehmend haÈufiger Pflegewirte gesucht werden. Um als gleichberechtigter Partner (nicht nur auf dem Papier) Anerkennung zu finden, wird es notwendig sein, als FuÈhrungskraft Position beziehen zu koÈnnen, Profil zu zeigen (s. Kasten). Profil zu zeigen ist ein schwieriges Vorhaben wenn man bedenkt, daû der Student von heute bereits morgen andere Anforderungen vorfindet, die er meist schon gestern haÈtte umsetzen sollen. Es gibt z. Z. wenig Konstantes und VerlaÈûliches ± auûer der eigenen Person und das Zutrauen in diese. Ein Fakt, mit dem im Studium vermehrt gearbeitet werden sollte. Professionalisierung bedeutet demnach, den schnellen Wandel der Zeit mitgestalten zu koÈnnen, das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden zu koÈnnen, die Unsicherheit der Situation auszuhalten und berufspolitische Meilensteine zu setzen, die auch den Standpunkt der Pflege praÈzisieren. z Es gibt HaÈuser, in denen es eine Pflegevisite gibt, weil die Ørzte das auch haben. Solche Projekte scheitern vielfach. Es geht nicht darum, etwas auch haben zu wollen, im Sinne einer Profilierungsneurose, sondern es geht darum zu schauen, was der Patient von der Pflegeperson bzw. vom gesamten Betreuungsteam braucht. Was wird als die Kernkompetenz der Pflege in der entsprechenden Einrichtung angesehen? Wie wird Pflege hier definiert? Die Beantwortung der Fragen kann dabei fuÈr jedes Haus anders aussehen. Daher kann in einem Haus die Pflegevisite wirklich zum Konzept passen und in manch anderen HaÈusern wirkt sie 4 Einleitung Inhalt Suchen 5 z 01 01 Hilfe Treffer aufgesetzt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist es sich darauf zu besinnen, was Pflege ± und auch Medizin ± in der Institution heiût. Die Konzentration auf die Kernkompetenzen (wie es vergleichbar in der Industrie heiût) bedeutet Wettbewerbsvorteile erzielen, ein Prozeû, der zukunftsweisend sein wird. Auf dem Hintergrund dieser drei Herausforderungen ± politische VeraÈnderungen des Gesundheitssystems, VeraÈnderungen der Altersstrukturen, Professionalisierung des Pflegeberufs ± kann die Existenz eines Krankenhauses nur sichergestellt werden, wenn eine zielorientierte FuÈhrung oÈkonomische, medizinische und ethische/soziale Aspekte integriert. Die oÈkonomisch orientierte Ausbildung obliegt dem Betriebswirt, die medizinische Ausbildung dem Arzt ± und der ethische/soziale Aspekt? Was machen die KrankenhaÈuser, um mit den Herausforderungen fertig zu werden? Einige haben angefangen, QualitaÈtsmanagementuÈberlegungen aus der Industrie auf die eigene Institution zu uÈbertragen (Kapitel 11.01). Manche nehmen die DIN ISO als Leitfaden, manche streben das Total Quality Management an oder nehmen das Modell EFQM als Basis ihrer Handlungsschritte (Kapitel 11.02). Vielfach werden Controllingstellen geschaffen. Es folgen Einsparungen im Bereich Fort- und Weiterbildungen oder es findet ein Stellenabbau statt, der als des RaÈtsels LoÈsung erachtet wird. Einige wenige HaÈuser erarbeiten eine Unternehmensphilosophie oder ein Leitbild (Kapitel 2.11). Der Berufsstand der Pflege spielt dabei oftmals eine Vorreiterrolle. Sie uÈbernimmt die Erarbeitung eines Pfle5 Wer kuÈmmert sich um den ethischen/sozialen Aspekt? QualitaÈtsmanagement Vorreiterrolle und MachtkaÈmpfe 5 z 01 01 Einleitung Inhalt In der Praxis klappt das Miteinander nicht Der weiche Faktor Suchen Treffer Hilfe geleitbildes, erstellt fuÈr ihren Bereich Pflegestandards, dokumentiert ihre Handlungen, erstellt PflegeplaÈne usw. Sie zeigt sich auf der einen Seite sehr kooperativ und auf der anderen Seite entstehen GrabenkaÈmpfe um ,Mein und Dein`, Abgrenzungsstrategien werden offenbar: Der Machtkampf hat begonnen. Die Verlierer werden dabei die Betroffenen sein ± auf der Ebene der Patienten und der Mitarbeiter und egal welcher ProfessionalitaÈt. Die Erstellung eines Pflegeleitbildes ohne ein entsprechendes Miteinander mit den anderen Berufsgruppen laÈuft fast immer auf der Handlungsebene ins Leere. In vielen KrankenhaÈusern gibt es Pflegeleitbilder, in kaum einer Klinik ein Leitbild fuÈr die Ørzte oder die Verwaltung! Es ist muÈûig uÈber die GruÈnde zu spekulieren ± aber erwaÈhnen muû man es. Gleiches gilt vielfach fuÈr die Erarbeitung einer QualitaÈtspolitik und der sich daraus ableitenden QualitaÈtsziele. Vielfach beginnt auch hier die Pflege neue Wege zu gehen, doch wo bleibt der ¹Restª der Hauses? Øuûerungen von Ørzten dazu lauten z. B.: ¹Dazu habe ich und meine Abteilung keine Zeit, wir muÈssen operieren. Davon lebt schlieûlich das Haus.ª Oder: ¹Reden veraÈndert die Welt auch nicht. Man muû auch nicht jede Neuerung mitmachenª. Es ist bewundernswert, mit welchem Elan die Pflege in solche Bereiche hineingeht, auf der anderen Seite verpufft viel Energie durch das mangelnde Miteinander. Es fehlt ein gemeinsamer Ûberbau, eine zielorientierte FuÈhrung, die die unterschiedlichen ProfessionalitaÈten zu integrieren versucht. Die Zukunft gestalten heiût demnach Beziehungen zu gestalten: Beziehungen zum Patienten, Beziehungen zu einander und Beziehungen zu anderen Berufsgruppen. Im Vordergrund steht dabei die Medizin, als direkter und 6 Einleitung Inhalt Suchen 5 z 01 01 Hilfe Treffer haÈufigster beruflicher Interaktionspartner im taÈglichen Handeln. In der Managementliteratur wuÈrde man diesen Faktor der Gestaltung der Beziehung oder InteraktionsfaÈhigkeit als ,weichen Faktor` bezeichnen. Nach Nefiodow (1997) steht die Erschlieûung dieser psychosozialen Kompetenz fuÈr das zukuÈnftige Wachstum. Zu einer der wesentlichsten Kompetenzen fuÈr diesen Fortschritt im Menschlichen gehoÈrt nach Nefiodow genau diese psychosoziale Kompetenz. Dieses kann als der Beginn einer GesundheitsfoÈrderung im ganzheitlichen Sinne verstanden werden. Nach Nefiodow wird der naÈchste Innovationsschub durch das Streben nach dieser ¹Gesundheit im ganzheitlichen Sinneª, erfolgen. Der Trend wird sich vor allem auf den Gesundheitsmarkt im positiven Sinne auswirken. D. h. das Wirtschaftswachstum wird abhaÈngig von den Fortschritten im Menschlichen sein, als dessen wesentliche Grundlage die psychosoziale Kompetenz angesehen wird. ¹Die eigentlichen, wachstumsbedingten ,weichen` Faktoren` erscheinen in keiner Bilanz, in keiner Gewinn- und Verlustrechnung und auch nicht in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungª (S. 134), dennoch sind es nach Nefiodow diese Faktoren, von denen die WettbewerbsfaÈhigkeit der Unternehmen in Zukunft abhaÈngen wird. Basis fuÈr diese ,weichen` Faktoren ist die Kommunikation. Betrachtet man sich nun das Pflegemanagement, dann werden genau diese Kompetenzen bereits in der Ausbildung geschult, durch Praktika trainiert und in den entsprechenden Fort- und Weiterbildungen sowie an Hochschulen weiter ausgebildet und konsolidiert. Auch im Vergleich zu anderen Berufsgruppen wie z. B. den Ørzten liegt hier fuÈr die Pflege ein Wettbewerbsvorteil. Das Pflegemanagement hat daher die Chance und die MoÈglichkeit 7 Beginn einer ganzheitlichen GesundheitsfoÈrderung Managementmethoden der sozialen Kompetenz 5 z 01 01 Einleitung Inhalt Suchen Treffer Hilfe mit ihrer Einsatzbereitschaft, ihrer Kommunikations- und KooperationsfaÈhigkeit sowie ihrer Fachkompetenz, wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens beizutragen. Managementmethoden, die gerade auf diesen sozialen und eher ,weichen` Kompetenzen basieren, sind (vgl. Abb. 1) z theoretische und praktische Ûberlegungen und Umsetzungsstrategien aus der Organisationsentwicklung (OE). z strategische Ûberlegungen zum Thema Unternehmenskultur/Unternehmensphilosophie, sowohl im Sinne eines ethischen Ansatzes als auch als ein Instrument um den Zerfall eines Unternehmens zu verhindern. Es stellt die Handlungsbasis zur Weiterentwicklung eines Unternehmens dar. z Prozesse zur QualitaÈtssicherung und Verbesserung als kooperatives Projekt zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. Abb. 1: Bestandteile eines Organisationsentwicklungsprozesses 8 UrspruÈnge der Organisationsentwicklung (OE) Inhalt Suchen 5 z 01 02 Hilfe Treffer Diese Inhalte sollen im folgenden vorgestellt werden. UrspruÈnge der Organisationsentwicklung (OE) 5 z 01 | 02 Organisationsentwicklung ist so vielfaÈltig, wie es unterschiedliche Unternehmen gibt und so unterschiedlich, wie es Menschen in Unternehmen gibt. Deshalb existieren auch so viele unterschiedliche Erfahrungen und keine eindeutige Definition. Prinzipiell besteht der Begriff aus zwei Worteinheiten: ,Organisation` und ,Entwicklung`. Beide Begriffe sollen kurz erlaÈutert werden. Organisation. Unter einer Organisation wird ein System definiert, das mit seiner Umwelt verbunden ist. Die Organisation muû einen Ausgleich vermitteln zwischen den Aufgaben und den BeduÈrfnissen der Organisationsmitglieder und der Leistungserbringung fuÈr die Umwelt. Entwicklung. Darunter versteht man den entsprechenden Prozeû zu initiieren, zu steuern und zu begleiten. Organisationsentwicklung. Organisationsentwicklung ist ein VeraÈnderungsprozeû einer Organisation und der darin taÈtigen Menschen, der sich an bestimmten Werten und Prinzipien orientiert (Comelli 1985). Die UrspruÈnge des OE-Gedankens finden sich bereits in der Bibel (2. Buch Moses, Kapitel 18.): z« Am anderen Morgen setzte sich Mose hin, um dem Volke Recht zu sprechen, und die Leute traten vor Moses vom Morgen bis zum Abend. Als aber Moses Schwiegervater sah, was er alles mit dem Volk zu tun hatte, sprach er: Was machst du dir da mit dem Volk zu schaffen? Warum sitzt du allein zu Gericht, waÈh9 Vorschlag einer Arbeitsdefinition Biblischer Ursprung des OE-Gedankens 5 z 01 02 UrspruÈnge der Organisationsentwicklung (OE) Inhalt Suchen Treffer Hilfe rend die Leute vom Morgen bis zum Abend vor dich treten? Moses antwortete seinem Schwiegervater: Die Leute kommen zu mir, um Gott zu befragen. Denn wenn sie eine Rechtssache haben, so kommen sie zu mir und ich entscheide zwischen den Parteien und tue ihnen die Satzung Gottes kund. Jethro, Moses Schwiegervater, kritisierte dieses Vorgehen und sprach: z« Es ist nicht gut, wie du das machst. Du wirst dich selbst und diese Leute, die bei dir sind, voÈllig erschoÈpfen, denn die Sache ist fuÈr dich zu schwer, du kannst sie nicht alleine besorgen. Er raÈt: z« Sei du vor Gott der Anwalt fuÈr das Volk, und bringe du die Rechtssachen vor Gott ... Du aber erwaÈhle die aus dem ganzen Volk wackere und gottesfuÈrchtige MaÈnner, zuverlaÈssige Leute, die sich nicht bestechen lassen, und mache sie zu ihren Vorgesetzten, zu Vorgesetzten uÈber je tausend, je hundert, je fuÈnfzig, je zehn, damit sie dem Volk jederzeit Recht sprechen. Jede groûe Angelegenheit sollen sie vor dich bringen, jede kleine aber selbst entscheiden, so werden sie dir's leichter machen und dir tragen helfen ... und auch all diese Leute werden befriedigt heimgehen. Nach der Umorganisation weist die Heilige Schrift auch noch auf das Ende eines OE-Prozesses hin. Sie sagt naÈmlich: 10 Die Grundlagen der Organisationsentwicklung Inhalt Suchen 5 z 01 03 Hilfe Treffer z« Darauf entlieû Mose seinen Schwiegervater, und dieser zog in seine Heimat. Aus diesem Beispiel lassen sich zwei wesentliche Prinzipien der OE ableiten: z Die Betroffenen sollen zu Beteiligten gemacht werden. z Nach dem Prinzip ,Hilfe zur Selbsthilfe` geht der Berater nach getaner Arbeit. Die Grundlagen der Organisationsentwicklung Zwei wesentliche Prinzipien der OE 5 z 01 | 03 Die juÈngeren UrspruÈnge der OE lassen sich zwischen den 30er±40er Jahren in Deutschland bzw. in der USA ausfindig machen. Hierzu zaÈhlen Ûberlegungen zur ,Gruppendynamik` bzw. die Entdeckung der ,Survey-Feedback-Methode`. Das PhaÈnomen der Gruppendynamik Im Zeitalter des Taylorismus wurde den Mitarbeitern unterstellt, daû sie faul seien und lediglich arbeiten gingen, um ihre Freizeit zu finanzieren. Um die EffektivitaÈt der Arbeit zu steigern und die Denkleistung der Arbeiter zu senken, wurden die ArbeitsablaÈufe in einzelne Teilschritte zergliedert (Flieûbandarbeit). Wie es dem Einzelnen bei der AusfuÈhrung der monotonen Arbeit erginge, spielte in der Gedankenwelt der Arbeitgeber keine Rolle. Zwei Entwicklungen veraÈnderten dieses Konstrukt: z Eine amerikanische Forschergruppe der Harvard UniversitaÈt untersuchte urspruÈnglich den Einfluû der Helligkeit auf die ArbeitseffektivitaÈt der Mitarbeiter. Als eine Art ,Nebenprodukt` der Untersuchung, stellte sich heraus, daû die Tatsache an sich, Aufmerksamkeit 11 2300 Jahre spaÈter Taylorismus 5 z 01 03 Die Grundlagen der Organisationsentwicklung Inhalt Suchen Treffer Hilfe durch die Untersuchung zu bekommen, positiven Einfluû auf die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter hatte. Die Ûberlegungen von Kurt Lewin, einem Vertreter der Gestaltpsychologie. Sein Forschungsinteresse war nicht auf das Verhalten einer Einzelperson ausgerichtet, sondern auf das Ganze, dessen ZusammenhaÈnge und Wirkweisen (Heckhausen 1981). Ein in diesem Zusammenhang bekannt gewordener Satz lautet, daû die Summe der einzelnen Teile mehr sei als das Ganze. Dieses gilt auch fuÈr den Entwicklungsprozeû von Organisationen. Gestaltpsychologie z Feldtheorie Lewin untersuchte das Verhalten von Menschen in ihrer Lebensumwelt (Feldtheorie). Damit ergab sich zwangslaÈufig die Auseinandersetzung mit dem PhaÈnomen der Gruppe. Dabei machte er folgende Erfahrung: In einem Experiment sollten Effekte von Gruppendiskussionen untersucht werden. Zu diesem Zweck wurden Gruppen aus je 10 Personen gebildet, die zu einem vorgegebenem Thema diskutieren sollten. Jeder Gruppe wurde ein Beobachter zugeordnet, dessen Aufgabe es war, uÈber BeobachtungsboÈgen den Verlauf der Diskussion zu protokollieren. UrspruÈnglich war geplant, daû die Beobachter ihre Ergebnisse nicht vor der Gruppe referieren sollten, sondern lediglich dem Untersuchungsleiter. Die beobachtete Gruppe erhob gegen dieses Prozedere Einspruch. Sie wollten die Ergebnisse ebenfalls wissen. Bei diesem veraÈndertem Vorgehen stellten sich dann spezifische, bis heute wirksame Effekte heraus. Die Berichterstattung hatte folgenden Einfluû auf die Gruppe: z Ein Gewinn an Selbsterkenntnis fu È r die Gruppe und jeden Einzelnen. z Das Wahrnehmungsspektrum wurde erweitert. 12 Die Grundlagen der Organisationsentwicklung Inhalt z Suchen 5 z 01 03 Hilfe Treffer Die Gruppe entwickelte sich in ihrer DiskussionsfaÈhigkeit intensiver und schneller weiter. Das heiût, daû die RuÈckmeldung der Wahrnehmung durch den Beobachter an die Gruppe Einfluû hatte auf den weiteren Prozeûverlauf (Comelli 1985). In der Weiterentwicklung dieser Idee bzw. Ergebnisse entstanden Seminare und Methoden, bei der die Teilnehmer bzw. Mitarbeiter u. a. in ihrer WahrnehmungsfaÈhigkeit geschult wurden. Ziel war es dabei, Antworten auf folgende Fragegruppen zu bekommen: z Fragen zur eigenen Person: Wie ist mein Verhalten in Gruppen? Welche Wirkung hat mein Verhalten? z Fragen u È ber die Anderen: Worin besteht die Verhaltensweise der Anderen? Wie wirken diese auf die Gruppe? z Fragen zur Gruppe: Wie funktioniert eine Gruppe und was loÈst spezifisches Verhalten aus? z Fragen zum Lernprozeû: Wie lernt man aus eigenen Erfahrungen? Wie lernt man zu lernen? Die Antworten wurden in Kleingruppen erarbeitet, bei denen im Zentrum das ¹Hier und Jetztª stand und nicht gruppenfremde Probleme. Hinzu kamen theoretische Informationen und selbsterfahrungsorientierte Ûbungen, die den Prozeû verstaÈrken, unterstuÈtzen und lenken sollten. Die Erfahrungen mit dieser Konzeption waren gut. Die Wirtschaft unterstuÈtzte dieses Vorgehen und schickte ihre Leute in die Trainings. Es entwickelten sich die ersten Inhouse-Seminare. Dabei machten die Trainer zwei interessante Erfahrung. z Diese Inhouse-Gruppen stellten her und vertieften Kontakte zwischen Menschen, die schon jahrelang zusammen gearbeitet hatten. 13 Schulung der WahrnehmungsfaÈhigkeit Erfahrungen aus Inhouse-Seminaren 5 z 01 03 Die Grundlagen der Organisationsentwicklung Inhalt Suchen z Schulungsbedarf fuÈr Berater Treffer Hilfe Die Trainings veraÈnderten die Menschen, es stellten sich Effekte ein. Allerdings waren sie nach einem Jahr ruÈcklaÈufig, da z. B. das neu erlernte FuÈhrungsverhalten in der Firma keine strukturelle UnterstuÈtzung fand. ÛbertraÈgt man diese Inhalte auf eine externe Beratung bzw. auf einen internen Prozeûverantwortlichen, dann heiût das, daû der entsprechende Berater u. a. in folgenden psychologischen Inhalten geschult sein sollte: z Theorien zur Gruppen und Gruppenprozessen; z Inhalte von Rollentheorien; z Kommunikationsmodelle; z Feedback Gespra È che; z Mitarbeiterfu È hrung. Dies sind Inhalte, die in der Grundausbildung der Pflege angelegt und u. a. im Studium eines Pflegewirtes vertieft werden. Validierung durch den Betroffenen Die Survey-Feedback-Methode Unter dieser Methode versteht man die DurchfuÈhrung einer Mitarbeiterbefragung innerhalb einer Organisation mit anschlieûender RuÈckmeldung der Daten bzw. Ergebnisse an die Betroffenen sowie eine Verarbeitung der Ergebnisse in einem Workshop. Eigentlich war es bisher so, daû Daten ± wie auch immer sie erhoben wurden ± zusammengeschrieben wurden, Hypothesen gebildet und, wenn die Berater gut waren, auch noch Maûnahmen vorgeschlagen wurden. Das ganze Paket wurde als Bericht dem Auftraggeber zugeschickt. Jetzt wurde es anderes. Die Befragten wurden zu Betroffenen bzw. Beteiligten, welche nun die Chance hatten, die Ergebnisse zu pruÈfen und mit ihrer Sicht zu verglei14 Prinzipien und Strategien der Organisationsentwicklung Inhalt Suchen 5 z 01 04 Hilfe Treffer chen (Validierung durch den Betroffenen). Dieses Vorgehen wird in der Literatur Aktionsforschung genannt. Darunter versteht man einen Prozeû, in dessen Ablauf eine systematische Sammlung empirischer Daten uÈber ein System in bezug auf dessen Ziele und BeduÈrfnisse erfolgt. Die Befragungsergebnisse werden Ausgangspunkt und Anlaû zum weiteren Vorgehen. Damit wird die Befragung an sich zu einem wesentlichen Teilprozeû. Prinzipien und Strategien der Organisationsentwicklung * 5 z 01 | 04 Aktive Mitbeteiligung der Betroffenen auf allen Ebenen Die Mitarbeiter sind das Kapital, mit dem eine Organisation Geld verdient. Die Mitarbeiter sind die Ressource, durch die VeraÈnderungsquellen aufgefunden werden koÈnnen. Die Mitarbeiter sind die Betroffenen, die die VeraÈnderung durchfuÈhren und lebbar machen. Daher ist es notwendig und sinnvoll, die Mitarbeiter so fruÈh wie moÈglich und so viel wie moÈglich am Prozeû zu beteiligen. Die RealitaÈt sieht vielfach allerdings anders aus: Die Erfahrung zeigt, daû etwa 20% der Belegschaft sich aktiv an einem OE-Prozeû beteiligen. Das gilt es zu akzeptieren! Das heiût, das Prinzip lautet: Mit denen arbeiten, die wirklich wollen. Respekt vor der Einmaligkeit jedes Systems Jedes System, jede Organisation hat etwas Einmaliges. Betrachtet man sich alleine die Entstehungsgeschichte eines Unternehmens, so wird man kaum zwei identische finden. Das gleiche gilt fuÈr die Zusammensetzung der Mitarbeiter und dessen gemeinsamer Geschichte. * in Anlehnung an Baumgartner et al. 1996 15 Beteiligung am Prozeû Bei OE geht es um den Prozeû, nicht um das Ergebnis 5 z 01 04 Prinzipien und Strategien der Organisationsentwicklung Inhalt Suchen Treffer Hilfe Der VeraÈnderungsprozeû bleibt Theorie wenn es nicht gelingt, bei den betroffenen Mitarbeitern und FuÈhrungspersonen Bewuûtsein und Energie genau dafuÈr freizusetzen und sie in ihren konkreten Situation dort abzuholen, wo sie stehen. Hier hoÈrt man als Berater oftmals: ¹Sie waren doch schon in anderen HaÈusern, koÈnnen wir das nicht auch so machen? Sie koÈnnten uns doch deren QualitaÈtsmanagement(QM)-Handbuch geben!ª (vgl. Kasten Das Maultier). Sicherlich muû das Rad nicht jedesmal neu erfunden werden, aber der Sinn eines OE-Prozesses oder die Implementierung eines QM-Systems ist der Prozeû an sich und nicht das Ergebnis (vgl. Kasten QM-EinfuÈhrung). Nur die Menschen machen den Prozeû lebbar, einmalig und entwicklungsfaÈhig. Das heiût, die Erfolgsstrategie fuÈr den Prozeû ist ebenso einmalig wie das Unternehmen selbst und muû in ihren Inhalten individuell zugeschnitten sein. z Das Maultier. Ein Maultier, das mit Salz beladen war, muûte durch einen Fluû hindurch. Es fiel dabei hin und blieb einige Augenblicke im Naû zur Erholung liegen. Als es wieder aufstand merkte es eine groûe Erleichterung, denn das Salz hatte sich im Wasser aufgeloÈst. Als es am naÈchsten Tag wieder durch den Fluû gehen muûte, lieû es sich absichtlich fallen, in der Hoffnung, daû erneut eine Erleichterung der Last zu spuÈren sei. Das Maultier war beim Aufstehen aus dem Wasser entsetzt. Diesmal war die Last zu schwer geworden, denn es hatte SchwaÈmme geladen, die sich voller Wasser gesogen hatten. Merke: Ein Mittel taugt nicht fuÈr alle Gelegenheiten. 16 Prinzipien und Strategien der Organisationsentwicklung Inhalt Suchen 5 z 01 04 Hilfe Treffer z QM-EinfuÈhrung. In einem Unternehmen wurde ein QM-System in Anlehnung an die DIN ISO 9001 eingefuÈhrt, es wurde auch zertifiziert ± aber die Mitarbeiterzufriedenheit stieg nicht an, obwohl alle Prozesse optimiert worden waren. Was war passiert? Die FuÈhrung hatte das System aufoktroyiert ohne dabei auf die Belange der Mitarbeiter einzugehen. Das Handbuch war am gruÈnen Tisch entstanden, die Mitarbeiter hatten es auswendig gelernt. Die Probleme der Betroffenen fanden sich nicht im Handbuch wieder. Lernen vs. Einsturz VeraÈnderung braucht Zeit. Gerade ein OE-Prozeû loÈst, wenn er zu schnell und ohne ausreichende Information ausgeloÈst wird, Angst und Miûtrauen in der Mitarbeiterschaft aus. Die EinfuÈhrung von Neuerung fuÈhrt zu Besitzstandsdenken, zum Festhalten am Alten. Die EinfuÈhrung eines veraÈnderten FuÈhrungsverstaÈndnisses z. B. durch FuÈhrungskraÈftetraining benoÈtigt neben dem Training an sich auch die entsprechenden Strukturen wie z. B. horizontale und vertikale Mitarbeiterbesprechungen. Werden nun alle VeraÈnderungen auf einmal eingefuÈhrt, dann bricht das System zusammen, weil Menschen sich nicht so schnell an VeraÈnderungen anpassen koÈnnen und vielfach nicht so umstellungsbereit sind. Ein ¹zu vielª an VeraÈnderung loÈst Widerstand und Angst aus, wenn der bekannte Boden zu schnell weggerissen wird und keine entsprechend erprobte Alternative vorhanden ist. Eine VeraÈnderung muû an das Tempo des Unternehmens bzw. seiner Mitarbeiter angepaût werden. Die Implementierung von zu vielen Maûnahmen kann zu Sta17 Nicht alles Neue auf einmal 5 z 01 04 Prinzipien und Strategien der Organisationsentwicklung Inhalt Suchen Treffer Hilfe gnation fuÈhren. Das heiût, daû das Lockern von eingefahrenen Gedankenmustern besser ist als der Versuch, die ¹altenª Muster zum Einsturz zu bringen. Der Wert eines Prozesses OE als staÈndiger Prozeû Die Rolle des Beraters Der Weg ist so wichtig wie das Ziel Die Gestaltung des Prozesses ist gleichzeitig schon die Intervention. Mittel und Methoden sollten nicht nur mit dem Verweis auf das Ziel gerechtfertigt werden, sondern an sich schon LernmoÈglichkeit darstellen. Die inhaltliche Auseinandersetzung loÈst meist so viele gruppendynamische Prozesse aus, daû der Wert des Prozesses groÈûer anzusehen ist als die Zielerreichung. OE ist eine Grundhaltung, die im Alltag seinen Platz hat Man kann nicht sagen: ¹Wir wollen ein biûchen Friedenª. Das gleiche gilt fuÈr die Aussage, ¹Wir machen ein wenig OEª. OE ist ein fortlaufend anhaltender Entwicklungsbzw. Verbesserungsprozeû. Dabei gilt es darauf zu achten, daû OE nicht hinter verschlossenen TuÈren stattfindet, sondern im Alltag anwendbar und akzeptiert wird. Das heiût nicht, daû es Seminare nicht auch auûerhalb der Institution geben kann, dann aber ausgerichtet auf das taÈgliche Handeln. OE ist loÈsungs- und ressourcenorientiert Eine Ursachenanalyse ist immer bezogen auf das anstehende Problem notwendig. Es gilt, ein ausgewogenes VerhaÈltnis zwischen Ursachenerforschung auf der einen Seite und Ressourcen und loÈsungsorientiertem Verhalten auf der anderen Seite zu zeigen. Die Rolle des Beraters laÈût sich dabei wie folgt am besten beschreiben: 18 Prinzipien und Strategien der Organisationsentwicklung Inhalt Suchen 5 z 01 04 Hilfe Treffer z« Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdekken. (Galileo Galilei) Zusammenfassend kann man sagen: OE ist eine Form des geplanten Wandels von und in Organisationen. Managementtechniken im Sinne von OE-Prozessen/-AblaÈufen bedeutet demnach, GespraÈchs- und Aktionskreise einzurichten, in denen die Betroffenen zu Beteiligten gemacht werden, z indem sie das, was sie betrifft und betroffen macht, zu GehoÈr bringen koÈnnen; z indem sie eine gemeinsame Problemansicht erarbeiten und z indem sie gemeinsam Lo È sungsmoÈglichkeiten entwikkeln und umsetzen. Managementprozesse im Sinne von OE Man koÈnnte geneigt sein, diese Methode als bottom-upStrategie zu bezeichnen. Dieser Begriff trifft nicht genau. Denn der Grundgedanke ist nicht, Problemsichtweisen und -loÈsungen von unten nach oben zu entwickeln, sondern Dialoge zu institutionalisieren, die es ermoÈglichen, daû jeder mit jedem sprechen kann. Das Ziel und der Sinn dieser Dialoge ist es, daû diejenigen, die an der Planung und DurchfuÈhrung der notwendigen Umstrukturierungsmaûnahme beteiligt sind, mit denjenigen, die von der Maûnahme betroffen sein werden, zusammentreffen. Beide Gruppen sollen Verantwortung uÈbernehmen fuÈr den Prozeû der Umstrukturierung und auch fuÈr die Folgen und Nebenwirkungen, die mit dem Prozeû verbunden sind. Hier wird noch einmal erneut der systemische Gedanke deutlich. Die Implementierung von Maûnahmen VeraÈnderung immer auf verschiedenen Ebenen 19 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Hilfe bewirkt immer VeraÈnderung auf verschiedenen Ebenen, d. h. hier muû mehrdimensional gedacht werden. Das ¹outsourcenª einer KuÈche mag wirtschaftlich zu vertreten sein, aber es hat auch Einfluû z. B. auf die Kommunikationsformen in einer Institution. 5 z 01 | 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Die Schritte des OE-Prozesses Es gibt verschiedene Schritte, die man gewoÈhnlich zum OE-Prozeû zaÈhlt (Abb. 2). Fragenkatalog Kontakt Als erstes wird ein Kontakt zum Berater hergestellt. Der Auftraggeber sollte sich im Vorfeld u. a. folgende Fragen Abb. 2: Schritte im Rahmen einer Organisationsentwicklung 20 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer gestellt und in einem entsprechenden Kreis von FuÈhrungskraÈften (FK) diskutiert haben: z Was soll das Ergebnis der Beratung sein? z Wie wird das Problem bzw. der angestrebte Zielzustand definiert? z Welche Theorie hat die Unternehmensfu È hrung fuÈr die Entstehung des Problems? z Wo gibt es Verbu È ndete fuÈr den Prozeû? z Was sollte auf keinen Fall passieren? z Was sind vermutliche ¹Nebenwirkungenª des Prozesses und wie wirken sich diese auf die Organisation aus? z Welche Bedeutung haben perso È nliche Merkmale (Alter, Geschlecht, beruflicher Werdegang usw.) des Beraters auf die FK bzw. auf die Mitarbeiter? z Wer muû innerhalb der Organisation informiert werden und warum? z Wer ist intern fu È r das Projekt verantwortlich? z Wieviel Zeit wird dem Prozeû gegeben? Vereinbarung Entsprechende VorgespraÈche werden gefuÈhrt und es kommt zu einem Vertrag bzw. zu einer Prozeûvereinbarung, die gewoÈhnlich sehr individuell aussieht. Es kann sich dabei um ein Pauschalbetrag handeln, ebenso wie uÈber TeilvertraÈge, die jeweils nach einem OE-Schritt weiter verhandelt werden. Bereits nach der Vereinbarung sollten die Mitarbeiter uÈber das Vorhaben, das Ziel, die Inhalte, den Verlauf und die Dauer des Projektes informiert werden. Datensammlung Es folgt eine Datensammlung zum aktuellen IST-Stand innerhalb der Institution (s. Kasten MoÈgliche Vorgehenswei21 VorgespraÈche und Verhandlung Die unterschiedliche Sicht der Dinge 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Hilfe sen einer Datensammlung). Probleme entstehen vielfach, weil man die Dinge unterschiedlich betrachtet, weil man glaubt zu wissen, was der Andere/die andere Abteilung uÈber einen Selbst oder die Sache denkt und meint. Diese PhaÈnomen wurde bereits in den UrspruÈngen der Gestaltpsychologie erkannt und durch die ¹Kippbilderª entsprechend bekannt (Abb. 3). Je nachdem, was fuÈr den Betrachter ¹die Figurª oder ¹den Hintergrundª des Bildes darstellt, nimmt er eine Vase oder zwei Gesichter wahr (Zimbardo 1988). Vergleichbares gilt fuÈr die Entstehung von Problemen und Konflikten. Es gilt, diese unterschiedlichen Bilder zu erfassen, zu kommunizieren und zu reflektieren. Abb. 3: Ein WahrnehmungsphaÈnomen. (Zimbardo 1988 S. 179) 22 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer z MoÈgliche Vorgehensweisen einer Datensammlung. Vorgegebene FrageboÈgen Bereits bei der Auswahl bzw. Entwicklung eines Fragebogens gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. Einige Berater ziehen vorgefertigte FrageboÈgen dazu heran und formulieren entsprechende Fragen um. Dies ist ein Vorgehen, das sicherlich seine Berechtigung hat und auch entsprechende Vorteile im Sinne von Zeit- und Kostenersparnis darstellt. Eine andere MoÈglichkeit liegt in der individuellen Erstellung eines Fragebogens mit den Mitarbeitern im Rahmen eines mehrtaÈgigen Workshops. Der Vorteil: Die Mitarbeiter sind von Beginn des Prozesses beteiligt. Die Akzeptanz des Fragebogens ist wesentlich hoÈher und somit meistens auch die RuÈcklaufquote. Ausgangspunkt fuÈr die Erstellung eines Fragebogens kann die Erarbeitung eines StaÈrke-SchwaÈchen-Profils der Einrichtung sein. Dazu koÈnnen u. a. folgende Leitfragen herangezogen werden. z Zur Erstellung eines Sta È rken-Profils: ± Womit koÈnnen wir zufrieden sein? ± Was bedeutet uns viel? ± Was motiviert uns? ± Wozu sind wir noch faÈhig? z Zur Erstellung eines Schwa È chen-Profils: ± Was sind unsere Schwierigkeiten? ± Welche schwierigen und schweren Erfahrungen haben wir gemacht? ± Welche StoÈrungen gibt es bei uns im Haus? ± Was passiert, wenn alles so weiter laÈuft? Individuelle FrageboÈgen StaÈrke-SchwaÈchenProfil 23 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Anhand der Antworten durch die Beteiligten lassen sich Oberbegriffe bzw. Oberthemen benennen, die fuÈr das Unternehmen von Bedeutung sind, wie z. B. z Fu È hrung; z Organisationsstrukturen; z der Tra È ger; z die Mitarbeiter; z der Umgang miteinander. Diese mit den Beteiligten erarbeiteten Oberthemen dienen als Ausgangspunkt fuÈr die Erstellung von Fragen oder Statements fuÈr den Fragebogen und zwar erneut unter Zuhilfenahme u. a. von folgender Leitfrage: Was macht gute FuÈhrung konkret aus? Die gute FuÈhrungskraft z redet mit den Mitarbeitern (Frage/Statement: Meine FK informiert uns regelmaÈûig.) z ist kritikfa È hig (Frage/Statement: Meine FK ist ausreichend kritikfaÈhig.) Ûber die Anzahl der Fragen sowie uÈber die Skalenformen als Antwortmedium muû sich die Gruppe ± unter BeruÈcksichtigung der entsprechenden statistischen Gegebenheiten (Bode 1977) ± einigen. Bei der DurchfuÈhrung der Erhebung sind ebenfalls zwei Wege moÈglich. Entweder es wird ein halbstandardisiertes Interview gefuÈhrt oder man teilt den Fragebogen direkt an die Mitarbeiter aus (vgl. v. Rosenstiel et al. 1995). Interviews haben den Vorteil, daû der Interviewer einen groÈûeren Einblick in die Institution bekommt, die Atmo- DurchfuÈhrung der Erhebung 24 Hilfe Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer sphaÈre spuÈren kann. Sie erfahren mehr als nur die Antworten auf die Fragen. Allerdings werden meistens aus ZeitgruÈnden nicht alle Mitarbeiter befragt. Die Interviewer sollten eine gewisse soziale Kompetenz aufweisen sowie in den Regeln der GespraÈchsfuÈhrung geschult sein. Zur ErhoÈhung der Transparenz und zum Abbau von WiderstaÈnden und Øngsten vor einer Befragung ± unabhaÈngig welches Vorgehen gewaÈhlt wird ± empfiehlt es sich, den Mitarbeitern den endguÈltigen Fragebogen vorab zu zeigen. Die Mitarbeitervertretung sollte fruÈhzeitig in den Prozeû integriert werden, so daû mit einer Zustimmung gerechnet werden kann. Datenfeedback Die Auswertung der Daten erfolgt durch die Berater bzw. durch Personen, die nicht zur Organisation gehoÈren. Die RuÈckmeldung sollte in einem besonderen Rahmen stattfinden, eine Art ¹Happeningª sein. Schlieûlich geht es hier um die Mitarbeiter, die etwas geleistet haben und die es nun zu achten gilt. Deshalb sollte die gesamte FuÈhrungsriege vorhanden sein. Die RuÈckmeldung ist ein heikles Thema. Sie sollte der Wahrheit entsprechen, offen und ehrlich aber nicht vernichtend sein. Das heiût, bei der Konstruktion der FrageboÈgen gilt es Fragen zu integrieren, die auf jeden Fall auch StaÈrken hervorbringen. Es sollten Ressourcen dargestellt werden, aus denen sich heraus auch Interventionen ableiten lassen, z. B. wird die KollegialitaÈt unter den Mitarbeitern als gut bewertet. Eine Intervention sollte zur Schaffung von Arbeitsstrukturen fuÈhren, bei denen die KollegialitaÈt positiv verstaÈrkt und 25 RuÈckmeldung kann heikles Thema sein 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Hilfe genutzt werden kann wie z. B. bei der EinfuÈhrung der Bereichspflege. Die PraÈsentation der Daten sollte niemanden bloûstellen, in dem z. B. woÈrtlich aus dem Fragebogen zitiert wird. Unternehmenskultur Datendiagnose Anhand der Daten werden Vermutungen (s. Beispiele 1 und 2) uÈber die Institution geaÈuûert im Sinne von Unternehmensregeln, die ausgesprochen oder in nicht ausgesprochener Art und Weise in der Institution wirken (Unternehmenskultur). Beispiel 1. Es fehlen Strategien im Hinblick auf die Zukunft des Unternehmens. Das fuÈhrt zu ZukunftsaÈngsten, Demotivation und Lustlosigkeit bei den Mitarbeitern, sich an Prozessen zu beteiligen. Die Potentiale liegen dadurch brach. MoÈgliche Maûnahme: ZukunftswerkstaÈtten, StaÈrkung der FK z. B. durch Coaching-Maûnahmen. Beispiel 2. Es werden auf der mittleren FuÈhrungsebene keine Entscheidungen getroffen, da die obere FuÈhrungsebene doch alles anders macht. MoÈgliche Maûnahme: KlaÈrung der Entscheidungskompetenzen. Nicht nur das Symptom behandeln Maûnahmen Die Entwicklung der Maûnahmen leitet sich aus dem Datenfeedback und der Unternehmensdiagnose ab. Sie muÈssen sich logisch daraus entwickeln und fuÈr alle Beteiligen verstaÈndlich sein. Dabei gilt es darauf zu achten, nicht lediglich das Symptom zu behandeln, sondern besonders die Wurzeln. Nach Baumgartner, HaÈfele, Schwarz und Sohm (1996) kann zwischen drei Arten von Maûnahmen oder Strategien unterschieden werden. 26 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt z z z Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer Die rationale Strategie. Hier werden die VeraÈnderungsvorschlaÈge durch die Experten gemacht. ± Vorteile: (1) Die Betriebsblindheit ist geringer. (2) Die VorschlaÈge kommen im Ganzen. Diese sind direkter, unverbluÈmter und nicht so zaghaft. (3) Sie liegen schneller vor. ± Nachteil: Die Betroffenen sind nicht am Entwicklungsprozeû beteiligt gewesen. Dadurch sinkt die Identifikation mit der LoÈsung und die Berater muÈssen VerbuÈndete fuÈr ihre Strategie suchen. Machtstrategien. Die Umsetzung von Strategien geschieht durch die entsprechende Positionsmacht, auf dem Hintergrund der Ûberlegung, daû maÈchtige Personen auch wissen, was gut fuÈr das Unternehmen ist. ± Nachteil: Es erzeugt AbhaÈngigkeit statt Autonomie. ± Vorteil: Eine schnelle Umsetzung ist moÈglich, wenn z. B. aufgrund der entsprechenden Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung die Leitung eine Mitarbeiterschulung zur internen und externen Kundenfreundlichkeit forderte. Prinzipiell ist dies sicherlich eine gute Idee, allerdings muû man bedenken, daû zwar das Verhalten geschult wird, aber die Spannungen im Haus, die dazu gefuÈhrt haben, daû die Mitarbeiter unfreundlich sind, werden dadurch nicht behoben. Entwicklungstrategien. Darunter versteht man, daû die Verantwortung fuÈr die Entwicklung der Interventionen immer im System selbst liegt. Dem liegt die Annahme zu Grunde, daû die LoÈsungsfaÈhigkeiten im System bzw. bei jedem Einzelnen vorhanden sind. Es werden lediglich die entsprechenden Methoden (ZukunftswerkstaÈtten, Open-Space-Veranstaltungen usw.) benoÈ27 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Hilfe tigt, um dieses Wissen an die OberflaÈche zu bringen bzw. es bei den Mitarbeitern zu aktivieren. Steuerungsstruktur Spezielle Arbeitsgruppen Der Kreis schlieût sich OE als umfassender VeraÈnderungsprozeû Zur Erarbeitung und DurchfuÈhrung der entsprechenden Interventionen ist eine Steuerungsstruktur notwendig, die den Prozeû lenkt und innovativ stuÈtzt. Diese Steuerungsstruktur ist ein Abbild des Hauses, in der Art wie miteinander umgegangen wird, z. B. im Bereich Offenheit und Ehrlichkeit. Diese Gruppe hat starken Vorbildcharakter, den das Haus fuÈr den Prozeû braucht. Die Art, wie das Direktorium den Prozeû unterstuÈtzt, hat Einfluû auf die weitere Mitarbeitermotivation und somit auf den Prozeû an sich. Ausgehend von dieser Steuerungsgruppe koÈnne Arbeitsgruppen (AG) mit spezifischen ArbeitsauftraÈgen (Entwicklung von GespraÈchsregeln, Erarbeitung von Standards) entstehen, die sich aus interessierten Mitarbeitern zusammensetzen. Nach einem vorher festgelegtem Zeitplan stellt die AG ihre Ergebnisse der Steuerungsgruppe bzw. dem Direktorium vor. Evaluation Eine Evaluierung der Maûnahmen sollte in einem festgelegtem Rhythmus in einer definierten Art und Weise vorgenommen werden. Das koÈnnen z. B. Mitarbeiter- oder Kundenbefragungen sein. Eine Maûnahme ist immer nur so gut wie die Definition der Ziele. Hiermit schlieût sich der Kreislauf. Wichtig neben der eigentlichen Evaluierung ist die Mitteilung der Ergebnisse an die Mitarbeiter, so daû auch fuÈr den sich anschlieûenden Prozeû erneut eine Motivation entstehen kann. Dieser fortlaufende Entwicklungsprozeû soll die Arbeit des Menschen in der Organisation verbessern, ihnen 28 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer Raum fuÈr PersoÈnlichkeitsentfaltung und Selbstverwirklichung geben. Andererseits soll OE die LeistungsfaÈhigkeit der Organisation und ihre Anpassungs- und InnovationsfaÈhigkeit steigern. Die beiden Zielsetzungen werden nicht als miteinander unvertraÈglich angesehen. Vielmehr strebt man nach LoÈsungen, bei der Mensch und Organisation in gleicherweise profitieren. OE wird durch diesen kontinuierlich fortlaufenden Ablauf ein geplanter und systematischer Prozeû zur VeraÈnderung der Kultur, der Systeme und des Verhaltens einer Organisation mit dem Ziel, die EffektivitaÈt der Organisation bei der LoÈsung ihrer Probleme und Erreichung ihrer Ziele zu steigern. OE ist ein umfassender, organisationsumgreifender VeraÈnderungsprozeû, der einer Steuerung und einer Betreuung bedarf (Comelli 1985). Die Vor- und Nachteile eines solchen kontinuierlichen Prozesses stellen sich wie folgt dar. z Nachteile: ± FuÈr die Mitarbeiter wirkt der Prozeû zu Beginn eher unstrukturiert und ziellos. ± Das prozeûhafte Vorgehen verunsichert und kann zu einer Demotivierung fuÈhren. ± Die Ziele sind nicht gut quantifizierbar. Die VeraÈnderungen sind auf der Verhaltensebene ausgerichtet und erschweren somit den Prozeû. ± Die Erfolgsparameter schlagen sich nicht so schnell in der Bilanzbuchhaltung nieder. ± Eine Einstellungs- bzw. VerhaltensaÈnderung loÈst meistens mehr Widerstand aus. z Vorteile: ± Die Inhalte werden sehr stark durch die Mitarbeiter definiert. 29 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Hilfe ± Der Prozeû und die entsprechenden Interventionen werden durch die Mitarbeiter mitbestimmt. Dadurch verringert sich der Widerstand. Ziele des OE-Prozesses Organisationskultur als Fundament, OE-Prozeû als Dach Nach Petzold (1998) ist OE eine mehrperspektivische Beobachtung/Reflexion des Systems. Dazu kommt die Implementierung entsprechender Interventionen auf verschiedenen Ebenen des Systems mit dem Ziel, eine klare und substanzreiche Organisationsphilosophie, ein funktionales Organisationskonzept zu erlangen sowie eine praÈgnante und doch flexible OrganisationsidentitaÈt zu foÈrdern. Um dieses Ziele zu erreichen, muû OE die vorhandenen ProblemloÈsestrategien, Ressourcen und Potentiale optimal erkennen (IST-Analyse), verbinden, weiterentwickeln und konsolidieren. Damit gibt das Ergebnis der IST-Analyse die Organisationskultur wieder, in dessen Rahmen Weiterentwicklung moÈglich ist. Die Organisationskultur spiegelt somit das bestehende Fundament des Prozesses wider, der OEProzeû bildet das Dach des Hauses, das durch verschiedene SaÈulen bzw. Maûnahmen wie z. B. QM, Controlling, Personalentwicklung (PE) getragen bzw. sichtbar wird (Abb. 4). Im folgenden soll das Fundament des OE-Prozeû in den Mittelpunkt der Betrachtung geruÈckt werden. Es ist gleichzeitig Basis und Ressource fuÈr den Prozeû. 30 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer Abb. 4: Das Haus der OE Die Unternehmenskultur als Fundament des Handelns im OE-Prozeû z« Den Wert eines Unternehmens machen nicht Ge- baÈude und Maschinen und auch nicht seine Bankkonten aus. Wertvoll an einem Unternehmen sind die Menschen, die dafuÈr arbeiten und der Geist, in dem sie es tun. (H. Nordhoff) 31 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt MoÈgliche Fehler bei strategischer Planung Suchen Treffer Hilfe Der schnelle Wandel der Zeit, die Informationsflut und die KomplexitaÈt der Probleme uÈberfordern uns vielfach. Eine kleine VeraÈnderung im System hat vielfache Auswirkungen. Unter einem System versteht man nach Ulrich u. Probst (1995 S. 30) ¹ein dynamisches Ganzes, das als solches bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen besitzt. Es besteht aus Teilen, die so miteinander verknuÈpft sind, daû kein Teil unabhaÈngig ist von anderen Teilen und das Verhalten des Ganzen beeinfluût wird vom Zusammenwirken aller Teile.ª Dem gegenuÈber steht das uÈbliche linear-kausale Vorgehen bei strategischen Planungen, bei dem weiterhin ein Schritt nach dem anderen erfolgt. Dabei entstehen u. a. folgende Fehler im Umgang mit anstehenden Problemen (DoÈrner, zitiert nach RuÈckle 1994): z Mangelhafte Zielerkennung; z Beschra È nkung auf Problemausschnitte; z Nichtbeachtung von Nebenwirkungen; z Tendenz zu autorita È rem Verhalten. Die Sicherheit des Handels wird dadurch eingeschraÈnkt. Klare ¹Wenn-dann-Verbindungenª lassen sich kaum aufstellen. Der Forderung nach einem ganzheitlichen Management ± oder einer ganzheitlichen Pflege ± kann angesichts der KomplexitaÈt eines Systems kaum nachgekommen werden, allenfalls einer entsprechenden AnnaÈherung. Das Erkennen, der KomplexitaÈt der Probleme nicht gerecht werden zu koÈnnen, loÈst Unsicherheit und Haltlosigkeit aus. In einer solchen Zeit wird der Ruf nach einer ¹groûen, starken und charismatischenª PersoÈnlichkeit laut, die einen durch und aus der Unsicherheit heraus fuÈhrt. In einer solchen Zeit stellt man sich die Sinn- oder auch Wertefrage, privat wie beruflich. Werte werden ein 32 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer neu entdecktes Gut, das sich in der Unternehmenskultur (s. Kasten Begriffliches zur Unternehmenskultur) wiederfinden sollte. FuÈr FuÈhrungskraÈfte kristallisiert sich hier eine neue Aufgabe heraus. z Begriffliches zur Unternehmenskultur. Nach Schein (1995 S. 25) laÈût sich die Kultur einer Gruppe definieren als ¹ein Muster gemeinsamer GrundpraÈmissen, das die Gruppe bei der BewaÈltigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewaÈhrt hat und somit als bindend gilt, und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz fuÈr den Umgang mit diesen Probleme weitergegeben wird.ª RuÈckle (1994) versteht unter einer Unternehmensphilosophie die Gesamtheit der angestrebten Werte und Normen innerhalb des Unternehmens. Idealerweise ist sie Richtlinie fuÈr die Gestaltung der Handlungen der im Unternehmen taÈtigen Menschen nach innen und auûen. Sie bietet Orientierungshilfe und Rechtssicherheit. Die Unternehmensphilosophie ist nicht identisch mit der Unternehmenskultur. Die Unternehmenskultur charakterisiert die Summe der SelbstverstaÈndlichkeiten in einem Unternehmen zu einer bestimmten Zeit. Sie umfaût die im Unternehmen vorhandenen positiven wie negativen Rituale, Sanktionen, Mythen und Meinungen. Die Unternehmenskultur besteht aus einem kleinen sichtbaren Bereich und einem groÈûeren, unsichtbaren Bereich (Werte und Normen). Kultur einer Gruppe Unternehmensphilosophie Unternehmenskultur 33 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Hilfe Sie wird sichtbar gemacht durch markante Objekte und Verhaltensweisen, wozu standardisierte Belohnungsrituale ebenso zaÈhlen wie Architektur oder praÈgende Leitbildfiguren. Petzold (1998) versteht unter einer Unternehmenskultur die Gesamtheit aller expliziten und impliziten tradierten Wahrnehmungsparameter, Bewertungs- und Interpretationsschemata in einem System. Dazu gehoÈren ebenfalls habitualisierte Interaktions- und Kommunikationsformen, Planungs- und ProblemloÈsestrategien sowie Funktions- und ArbeitsablaÈufe einer Organisation. Die Gesamtheit dieser in den KoÈpfen der Mitarbeiter verankerten Strukturen konstituiert die Unternehmenskultur, aus der heraus sich die Unternehmensphilosophie formulieren laÈût. Die Kultur bestimmt die innere Regulation der Organisation, ihr Verhalten, ihr Klima und ihr Image nach innen und auûen. Sie bestimmt die Interaktion der Subsysteme (z. B. Pflege ± Medizin). Die Organisationskultur ist nach Petzold ein zentraler Bestandteil der OrganisationsidentitaÈt (Corporate Identity CI) und ein bestimmender Faktor jeder Entwicklungsdynamik in der Organisation. Kultur als Erfolgsfaktor eines Unternehmens Goffee u. Jones (1997) sind der Ansicht, daû die Kultur eines Unternehmens der Stoff ist, der ein Unternehmen ± gerade in schwierigen Zeiten ± zusammenhaÈlt. Nach MuÈhlbauer (1999) hat sich die FuÈhrungsebene in KrankenhaÈusern mit einer systematischen Kulturentwicklung noch gar nicht beschaÈftigt, womit ihnen gleichzeitig eine wesentliche Grundlage zum Beweis ihrer FuÈhrungsfaÈhig34 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer keit fehlt. Nicht die ¹hartenª Faktoren sondern die ¹weichenª FuÈhrungsfaktoren werden seiner Meinung nach uÈber den Erfolg eines Unternehmens entscheiden. Wie jede andere Organisation auch brauchen Sozialbetriebe eine Unternehmensphilosophie, eine Unternehmenskultur, zumal die traditionelle Philosophie der Sozialeinrichtung wie z. B. die GemeinnuÈtzigkeit oder die kirchliche Zuordnung heute oft ihre Wirkung verloren haben bzw. die derzeitigen FuÈhrungskraÈfte nicht mehr die Entstehungsgeschichte der Organisation kennen. Gerade aber die Besinnung auf die Tradition, auf die Geschichte eines Unternehmens kann ein wesentlicher Bestandteil einer Unternehmenskultur sein. Ein hohes Alter eines Unternehmens gilt als Hinweis fuÈr VitalitaÈt und der bewiesenen FaÈhigkeit, Krisen uÈberstanden zu haben. Das heiût aber nicht, an den bescheidenen AnfaÈngen oder am KerngeschaÈft festzuhalten. Zwar gelte ¹ohne Herkunft keine Zukunftª, auf der anderen Seite sagt aber das Festhalten an alten ZoÈpfen nichts uÈber deren Richtigkeit aus. Ein Unternehmen und seine Mitarbeiter brauchen die Ûberlieferung als Orientierungshilfe, um der Arbeit Sinn zu geben. Zur Tradition gehoÈre auch das gewachsene VertrauensverhaÈltnis zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern, das soziale Klima, das auch in konjunkturtruÈben Zeiten traÈgt. FuÈr die BewaÈltigung der Zukunftsaufgaben eines Sozialbetriebes sind daher neben den bekannten Managementtechniken wie Kundenorientierung, Umorganisation und Kostensenkung AnsaÈtze einer zeitgemaÈûen Unternehmensphilosophie/Unternehmenskultur zwingend notwendig (Seeberger u. Kerres 1997). Eine gute FuÈhrung zeichnet sich daher dadurch aus, die Kultur des Unternehmens zu kennen und entsprechende Maûnahmen auszuwaÈhlen, bei denen Kultur und 35 Tradition als Teil der Unternehmensphilosophie Eine gute Philosophie kann man nicht kaufen 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Nutzen einer Unternehmensphilosophie Suchen Hilfe Treffer Intervention zusammenpassen. Prinzipiell kann auch die Kultur eines Unternehmens veraÈndert werden, allerdings ist dies ein schwieriges und auch zeitaufwendiges Unterfangen, das einen geplanten und systematischen Prozeû (im Sinne eines OE-Prozesses) benoÈtigt. Dabei gilt, daû weder eine Unternehmensphilosophie noch eine Unternehmenskultur nachgeahmt werden kann. Sie ist auch nicht kaÈuflich, weil sie das Resultat einer Unternehmensgeschichte bzw. eines Denkprozesses ist, der gewoÈhnlich uÈber einen laÈngeren Zeitraum verlief. Eine auf das Unternehmen zugeschnittene Unternehmensphilosophie bzw. Unternehmenskultur bietet in der Regel u. a. z Wettbewerbsvorteile; z Innovationspotentiale; z QualitaÈtsverbesserungen; z Servicevorteile. In der Unternehmensphilosophie liegt SchluÈssel zur Motivation der Mitarbeiter Entwicklung einer Unternehmenskultur phie). Sie bietet den Mitarbeitern Raum suÈchte und ihre Selbstverwirklichung. ein wichtiger (s. Kasten Zur bzw. -philosofuÈr ihre Sehn- z Zur Entwicklung einer Unternehmenskultur bzw. -philosophie Eine Unternehmensphilosophie umfaût vielfach drei Annahmen (Seeberger u. Kerres 1997). z Annahmen u È ber die Umwelt der Organisation: Dies sind Annahmen uÈber die Umwelt, Gesellschaft, BevoÈlkerungs- und Wirtschaftsentwicklung, den eigenen Auftrag, den Markt, die Kunden und die sozialen Notlagen. Drei Annahmen zur Unternehmensphilosophie 36 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer z Annahmen u È ber die spezifischen Zielsetzungen der Organisation: Diese Annahmen geben an, welche Ergebnisse ein Sozialbetrieb fuÈr erstrebenswert haÈlt, und sie zeigen auf, wo sich die Sozialeinrichtung im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und sozialer Situation selbst einordnet. z Annahmen u È ber konzeptionelle Grundlagen: Diese sind notwendig, um den Auftrag des Sozialbetriebes zu erfuÈllen. Die Annahmen sollen der Wirklichkeit entsprechen, zueinander passen, im Unternehmen bekannt sein, verstanden und ununterbrochen auf ihre ¹Richtigkeitª fuÈr das Unternehmen uÈberpruÈft werden. Vielfach wird als erster Schritt zur Entwicklung einer Unternehmensphilosophie ein Leitbild fuÈr eine entsprechende Berufsgruppe erarbeitet. FuÈr viele Mitarbeiter im Gesundheitswesen ist die Entwicklung eines Leitbildes eine neue und durchaus auch spannende Aufgabe. So bilden sich in vielen KrankenhaÈusern, Altenheimen und Gesundheitsdiensten Arbeits- oder Projektgruppen mit dem Ziel, ein Pflegeleitbild zu entwickeln. Mit viel Elan und Schwung treffen sich die Pflegenden ein- oder zweimal fuÈr einige Stunden und beginnen uÈber Philosophie, Menschenbild, Ethik, WuÈrde und Respekt nachzudenken. Nach etlichen, oft auch gruppendynamisch spannenden Sitzungen ist ein vorlaÈufiges Leitbild entwickelt worden, was den uÈbrigen Mitarbeitern der Einrichtung praÈsentiert wird. SpaÈtestens hier stellt sich eine ErnuÈchterung der Entwicklung eines Leitbildes 37 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Beteiligten ein. Ein Feuerwerk von Killerphrasen entlaÈdt sich vielfach auf die Mitglieder der Arbeitsgruppe, und Demotivation, Frustration und Ørger sind meistens die Folge (Seeberger u. Kerres 1997). Als eine wesentliche Grundvoraussetzung, die auch fuÈr die Erarbeitung eines QualitaÈtsmanagementsystem von zentraler Bedeutung ist, gilt die UnterstuÈtzung und RuÈckendeckung der obersten Leitung. ¹Der Fisch stinkt am Kopfª, so sagt das Sprichwort. Wenn also die oberste FuÈhrung nicht 100%ig hinter einem Prozeû steht, dann laÈuft der Rest der Mannschaft im Kreis. Das erfordert, daû die oberste Leitung als Basis der Diskussion ihre Unternehmenskultur, ihre Unternehmensziele erstellt. Im naÈchsten Schritt erarbeiten die Berufsgruppen ihre Leitbilder, aus deren Summe dann eine gemeinsame Unternehmensphilosophie entstehen kann. Im Bereich der Pflege kann als Hilfskonstrukt das Pflegekonzept als Arbeitsgrundlage fuÈr ein Pflegeleitbild im Rahmen einer Unternehmensphilosophie herangezogen werden. Die von den Krankenkassen zugelassenen Pflegeeinrichtungen muÈssen nicht nur ihr Leistungsangebot und die dafuÈr zu zahlenden Preise schriftlich darlegen. Sie muÈssen auch Pflegekonzepte vorweisen. Das bestimmen derzeit die ¹Gemeinsamen GrundsaÈtze und MaûstaÈbe zur QualitaÈt und QualitaÈtssicherungª, die auf Bundesebene ± getrennt fuÈr ambulante, vollstationaÈre, teilstationaÈre und Kurzzeit-Pflegeeinrichtungen ± vereinbart wurden. RuÈckhalt in der FuÈhrung Pflegekonzept als Arbeitsgrundlage 38 Hilfe Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer Beck u. Schwarz (1997) empfehlen u. a. folgende Leitfragen zur AnnaÈherung bzw. Erarbeitung einer Unternehmenskultur, aus der eine Unternehmensphilosophie entstehen kann: z Beschreiben Sie das Selbstversta È ndnis des Unternehmens aus ihrer Sicht. z Wodurch zeichnet sich das Unternehmen aus? Was ist das typische fuÈr das Unternehmen? Was sind die Unterschiede im Vergleich zur Konkurrenz? z Was ist das strategische Motto der Fu È hrung? z Welches ist das zentrale Ziel der Leitung? Leitfragen zur Erarbeitung Goffee u. Jones (1997) schlagen als Vorgehen das ¹klassischeª medizinische Programm vor: Anamnese, Diagnose, Therapie. Zur Anamnese und Diagnose kann ein entsprechender Fragebogen herangezogen werden, aus den Ergebnissen lassen sich dann die entsprechenden therapeutischen Interventionen ableiten. Das QualitaÈtsmanagement (QM) als ein Baustein im Rahmen von Organisationsentwicklung Ein typischer QM-Ablauf ist in Abb. 5 dargestellt. Es findet eine entsprechende Vereinbarung mit einem Berater statt. Es wird eine IST-Analyse (Datensammlung) durchgefuÈhrt, meistens in dem Sinne: ¹Was ist alles bereits zur NormerfuÈllung vorhanden?ª Entsprechend faÈllt die RuÈckmeldung (Datenfeedback) aus, oft nur an den QualitaÈtsbeauftragten, selten an alle Mitarbeiter. Entsprechend der Ergebnisse werden QualitaÈtszirkel (quality circle QC) gebildet, die die noch fehlenden Inhalte der einzelnen 39 Anamnese, Diagnose, Therapie Ablauf des QM 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Hilfe Abb. 5: Typischer Ablauf zur Erarbeitung der DIN-Elemente Vor- und Nachteile der NormerfuÈllung Normelemente erarbeiten und aufschreiben. Eine entsprechende Evaluierung findet durch ein internes/externes Audit bzw. durch das Zertifizierungsaudit statt. Das sind die Nachteile einer NormerfuÈllung: z Es gibt einen Widerstand gegen die Norm, da diese aus der Industrie kommt und nicht auf soziale Dienstleister zu uÈbertragen sei. z Die Inhalte werden durch die Normelemente vorgegeben. Dadurch ist der Einfluû der Mitarbeiter geringer. z Die Erarbeitung der Inhalte ist anfa È nglich schwer, da die Sprache der Norm befremdend klingt. z Die Erarbeitung der Elemente wird als Pflichterfu È llung angesehen, um das Ziel der Zertifizierung zu erreichen. z Es findet eine Standardisierung statt ohne tiefgreifende VeraÈnderungen. Die Vorteile einer NormerfuÈllung sind: z Durch die Normforderungen werden Handlungsleitlinien vorgegeben. 40 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt z z Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer Die wesentlichen Inhalte eines Unternehmens ± egal in welcher Branche ± werden thematisiert, reflektiert und festgelegt. Die Norm hat als Ergebnis Struktur- und Prozeûklarheit. Eines reines QM-System fragt selten nach den ¹dahinterstehendenª GruÈnden, fragt selten nach tiefliegenden Ursachen, wer mit wem nicht kann bzw. bietet selten dafuÈr LoÈsungsmoÈglichkeiten an. Daher muÈssen die externen und internen Berater fuÈr diese Inhalte sensibel sein bzw. uÈber entsprechendes Wissen verfuÈgen (Wissen uÈber gruppendynamische Prozesse, Aspekte der FuÈhrungspsychologie, Umgang mit WiderstaÈnden und Abwehrmechanismen). Nur dann erfaÈhrt man, was in der Organisation wirklich ¹gespieltª wird (s. Fallbeispiel). Der Prozeû, ein QualitaÈtsmanagementsystem in eine Einrichtung zu integrieren, sollte daher als ein Weg verstanden werden, der MaÈngel erst sichtbar macht. Die Zertifizierung selbst ist nicht der Endpunkt eines Prozesses, sondern der Beginn. Wer nur auf das Erlangen eines Zertifikats aus ist, blickt zu kurz und sieht damit das Ziel nicht. z Fallbeispiel Auf einer Krebsstation wurden die AblaÈufe optimiert. Vor dem Prozeû brachten die Krankenschwestern mehrmals am Tag entsprechende Proben selbst zum Labor, das einige Meter von der Station entfernt lag. Sie waren pro Weg circa 5±10 Minuten unterwegs. Die Berater fanden, dies sei nicht notwendig, man brauche dem qualifizierten Personal diese Aufgabe nicht mehr zumuten. Auûerdem sei es zu teuer, diese Aufgabe koÈnnten 41 Gefahr der OberflaÈchlichkeit 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen Treffer Hilfe HilfskraÈfte uÈbernehmen. Gesagt, getan. Was ist passiert? Nach etwa 2 Monaten steigt der Krankenstand. Warum? Die Krankenschwestern brauchten den Weg, um abschalten zu koÈnnen, um Distanz vom Sterben zu kriegen. Der Weg zum Labor ± also die Psychohygiene fuÈr den Einzelnen ± entfiel nun. Das heiût, eine Ablaufoptimierung alleine ist nicht Sinn und Zweck. Es geht immer um den betroffenen Menschen, der bei der Optimierung des Prozesses beteiligt sein muû. BeruÈhrungspunkte von OE und QM Beschreibung einer Synthese Wie koÈnnen nun beide Vorgehensweisen ± OE und QM ± mit ihren Vor- und Nachteilen, die sicherlich jeweils ihre Berechtigung haben, miteinander verbunden werden? Betrachtet man beide AblaÈufe, dann werden BeruÈhrungspunkte deutlich, die eine Verquickung beider Prozesse sinnvoll machen (Abb. 6). Eine moÈgliche Verbindung beider Prozesse ist in Abb. 7 dargestellt. Im folgenden sollen lediglich drei Punkte dieser Synthese beschrieben werden. z Fu È hrt man eine IST-Analyse (Datensammlung) an Hand eines durch die Mitarbeiter erarbeiteten StaÈr- Abb. 6: AblaÈufe eines OE-Prozesses (links) und eines QM-Prozesses (rechts) 42 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer ken-SchwaÈchen-Profils durch, das sich nicht an den Normelementen orientiert, dann wird die Analyse umfassender und tiefgreifender. Nachteil: ± Der Zeit- und Kostenaufwand ist hoch. ± FuÈr eine solche Maûnahme ist ein Prozeû-Knowhow notwendig. Bei einem ¹das machen wir mal ebenª-Vorgehen kann es sehr schnell zu einer Demotivierung der Mitarbeiter kommen. Vorteil: ± Die Mitarbeiter sind von Beginn des Prozesses an beteiligt. Dadurch sinkt die Angst und der Widerstand vor einer VeraÈnderung. Abb. 7: Verquickung beider Prozesse 43 5 z 01 05 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen z z OE als gute Voraussetzung fuÈr QM Treffer Hilfe ± Schwierige, heikle Themen kommen sehr schnell an die OberflaÈche. Findet die DatenruÈckmeldung fuÈr alle Mitarbeiter statt, dann steigert dies die Transparenz und das Vertrauen in den Prozeû. Der Einbezug und die Bedeutung der Mitarbeiter wird deutlicher. Die gemeinsame Auswertung und Entwicklung von Maûnahmen kann den Elementen der Norm zugeordnet werden und dient somit als Strukturierungsmaûnahme fuÈr den Prozeû. Die Verbindlichkeit der Inhalte wird gleichzeitig durch die EinfuÈhrung von QM erhoÈht. Dadurch sinkt der Widerstand gegenuÈber der Norm und die Akzeptanz der Interventionen steigt. An vielen Stellen gibt es also BeruÈhrungspunkte zum Aufbau eines QM-Systems z. B. in Anlehnung an die DIN ISO 9000. Die alleinige Implementierung der DIN kann als befremdliches System angesehen werden, so daû keine Integration in die bestehenden ¹altenª Strukturen stattfindet. Das heiût, OE ist eine gute Voraussetzung fuÈr den Aufbau eines QualitaÈtsmanagementsystems. Denn nur dann kann QM im Sinne eines gelebten und von den Mitarbeitern akzeptieren System von den Mitarbeiter entwikkelt und mit aufgebaut werden. Dabei gilt, daû die Norm kreativ an die BeduÈrfnisse des Hauses angepaût werden soll und nicht umgekehrt. 44 Organisationsentwicklung ± Wie geht das? Inhalt Suchen 5 z 01 05 Hilfe Treffer Die Erfahrung mit solchen integrierten Projektstrukturen lassen sich wie folgt zusammenfassen: z Mitarbeiter und FK stehen einem solchen prozeûhaften Vorgehen zu Beginn eines Prozesses auf der einen Seite beeindruckt und fasziniert, auf der anderen Seite vorsichtig und skeptisch gegenuÈber. Beeindruckend ist, daû sich das Erleben und das eigene Verhalten tatsaÈchlich veraÈndern kann. Es kommt die Hoffnung auf, daû dies auch anderen so ergehen koÈnnte. Die Faszination siegt meistens. z Eine Mitarbeitermotivation la È ût sich sowohl herstellen als auch aufrechterhalten, da sichtbare Ergebnisse im Sinne von Meilensteinen immer wieder erarbeitet werden. z Der Weg ist mindestens so wichtig wie das Ziel. Die Auseinandersetzung, die ermoÈglicht wird zwischen Mitarbeitern und FK, ist nicht immer leicht, aber meistens der Beginn einer fruchtbaren Kommunikation. z Die Verbindlichkeit u. a. auf der Handlungsebene steigt. z Es entsteht eine Unumkehrbarkeit der Erwartungen bei den Mitarbeiter, nicht wieder ¹in alte Zeiten fallenª wollen. z Ein solches Vorgehen macht eine Projektkoordination notwendig, als Anwalt des Prozesses. Dies kann man nicht zusaÈtzlich ¹nebenbeiª machen. z Es findet eine langsame, langfristige Perso È nlichkeitsaÈnderung bei Mitarbeitern und FK statt, bedingt durch die staÈndigen RuÈckmeldungen (Fremd- und Selbstbildeffekte). z Die FK sind Schlu È sselstellen. z Es findet im System eine innerbetrieblich Weiterbildung statt, die effektiver ist, da das ganze System betroffen ist. 45 Integrierte Projektstrukturen 5 z 01 06 Organisationsentwicklung als Aufgabe fuÈr das Pflegemanagement Inhalt Suchen Treffer Hilfe 5 z 01 | 06 Organisationsentwicklung als Aufgabe fuÈr das Pflegemanagement ± Was spricht dafuÈr? QM als Verbindung zur freien Wirtschaft Soziale Dienstleistungsunternehmen und WohlfahrtsverbaÈnde werden zunehmend in die UnabhaÈngigkeit entlassen. QualitaÈtsmanagement wird eine von mehreren VerbindungsbruÈcken zur freien Wirtschaft sein. Wer fuÈr sein Unternehmen ein modernes Management in Anspruch nehmen will, kann weder auf eine QualitaÈtssicherung noch auf eine Unternehmensphilosophie verzichten, denn beides ist nicht voneinander zu trennen. Besonders ein QualitaÈtsmanagementsystem in einer sozialen Einrichtung braucht einen ethischen Verbund, der beim QualitaÈtsmanagement-Projekt sichtbar wird und sich in der Unternehmensphilosophie aÈuûern muû. Die verschiedenen Ansatzpunkte zur VeraÈnderung und Weiterentwicklung einer Organisation bedingen naÈmlich einander (Seeberger u. Kerres 1997). OE greift hier als Prozeûmethode und als strategisches Planungsverfahren ein. Damit wird den Menschen Raum gegeben sich zu entwickeln. Es ermoÈglicht Menschen, soziotechnische Systeme zu erneuern, zu gestalten und zu erwecken unter Zuhilfenahme spezifischer Umsetzungsstrategien. Ein solches Vorgehen ist aufwendig und kostenintensiv, aber individuell an der Wurzel des Problems orientiert und es laÈût sich mit der EinfuÈhrung eines QM gut integrieren. Denn die Implementierung eines QM-Systems in ein bestehendes System/Unternehmen ist problematisch. Es ist vergleichbar mit einer Herztransplantation: Die Operation ist schwierig, aber fuÈr Experten machbar. Allerdings faÈngt der eigentlicher Genesungsprozeû spaÈter an, die Aufnahme des neuen Organs in das System Mensch. Und hier liegen die Probleme im System, in seinen Gedanken, seinen GefuÈhlen, seiner KommunikationsfaÈhigkeit. Wenn dieser Pro- Schwierige QMImplementierung 46 Organisationsentwicklung als Aufgabe fuÈr das Pflegemanagement Inhalt Suchen 5 z 01 06 Hilfe Treffer zeû nicht gelingt, dann nimmt das System das Herz nicht an, sondern stoÈût es ab. Damit dies nicht passiert, ist OE ein Weg, der die FuÈhrungsperson in besondere Art und Weise fordert. Der Prozeû fordert die FK nicht in erster Linie als Fachmann oder als Vorgesetzter, sondern er fordert sie als Mensch, als ganze Person. Warum sollen diese Aufgaben vom Pflegemanagement auch noch uÈbernommen werden? Sie bringen im Vergleich die besten Voraussetzungen dazu mit. Definiert man professionelle Pflege in Anlehnung an Petzold (1998) als die Anwendung medizinischer, pflege- und sozialwissenschaftlicher, psychologischer und paÈdagogischer Erkenntnisse und Methoden im jeweiligen institutionellem Kontext und auf dem Hintergrund des mitmenschlichen Engagement in zwischenmenschlichen Beziehungen, dann ist Pflege von der Struktur her interaktional und intersubjektiv angelegt. Dies sind wesentliche Voraussetzungen, um als interner Prozeûveranwortlicher das Steuer in die Hand zu nehmen. Sie koÈnnen in dieser Funktion als Bindeglied zwischen dem externen Berater und dem Prozeû fungieren, in dem Sie ihr Wissen uÈber die Institution und die AblaÈufe einbringen. Sie sind gleichzeitig die Nahtstelle zwischen den Berufsgruppen. Sie sind deren Vertraute, deren VerbuÈndete. Dazu kommt, daû durch die Aus-, Fort- und Weiterbildung immer wieder die FaÈhigkeit zur Selbstreflexion und Empathie gefordert und gefoÈrdert wird. Dies ist ein wesentlicher Baustein fuÈr die Entwicklung sozialer Kompetenz, die im Bereich der FuÈhrung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Nicht umsonst nehmen die VeroÈffentlichungen zum Thema ,Emotionale Intelligenz` zu (s. Kasten Wie laÈût sich emotionale Intelligenz definieren?). Denn auch hier wird gefordert, daû diese Eigenschaft 47 Besondere BefaÈhigung des Pflegemanagements Entwicklung sozialer Kompetenz 5 z 01 06 Organisationsentwicklung als Aufgabe fuÈr das Pflegemanagement Inhalt Suchen Treffer Hilfe eine notwendige Erfordernis fuÈr FuÈhrung darstellt (Goleman 1999). Nur wer seine eigenen GefuÈhle ebenso wie die anderer Menschen versteht ist in der Lage, seine Mitarbeiter so zu steuern, daû die Unternehmensziele erreicht werden. Hier koÈnnte zielorientierte FuÈhrung, die ethisch eingebunden ist in eine Unternehmensphilosophie und sichtbar wird in einer Unternehmenskultur, in ihrer Ausrichtung sowohl gewinnorientiert als auch auf das Individuum ± im Sinne einer persoÈnlichen Entfaltung ± ausgerichtet sein. Sie beeinfluût damit die LeistungsfaÈhigkeit und die Zufriedenheit einer Organisation. Die Schaffung einer bewuûten Kultur kann zersplitterte KraÈfte buÈndeln und entsprechend wirken, wenn FuÈhrungskraÈfte erkennen, was Kultur fuÈr ein Unternehmen bedeutet. Diese Herausforderung ist tiefgruÈndig und sehr persoÈnlich. Dies koÈnnte sich zu einer Kernkompetenz des Pflegemanagements herauskristallisieren; es muÈûte nur wollen, zugreifen und den Platz besetzen. Die Voraussetzungen dafuÈr bringt es mit. Das ist sicherlich keine einfache Aufgabe, kein einfacher Prozeû. Er erfordert Zeit und Engagement. Aber der Nutzen, den sowohl der Einzelne als auch das Unternehmen davon hat, wuÈrde den Aufwand lohnen. FuÈnf Komponenten z Wie laÈût sich emotionale Intelligenz definieren? Nach Golemann (1999) tragen folgende fuÈnf Komponenten zur emotionalen Intelligenz bei. z Die Fa È higkeit zur Selbstreflexion, d. h. die eigenen GefuÈhle zu kennen und deren Wirkung auf andere zu erkennen mit dem Ziel u. a. einer realistische SelbsteinschaÈtzung. 48 Organisationsentwicklung als Aufgabe fuÈr das Pflegemanagement Inhalt Suchen 5 z 01 06 Hilfe Treffer z Die Fa È higkeit zur Selbstkontrolle nach dem Motto ¹erst denken, dann handelnª; dadurch entsteht u. a. Vertrauen und IntegritaÈt. z Die Fa È higkeit zur Empathie, d. h. die GefuÈhlswelt anderer zu verstehen und mit entsprechendem Geschick bzw. RuÈcksichtnahme darauf zu handeln. Dies ist fuÈr die Personalentwicklung ebenso wichtig wie fuÈr die Kundenorientierung. z Die Fa È higkeit zur sozialen Kompetenz, d. h. Beziehungen aufzubauen, Netzwerke zu pflegen. Durch die Schaffung einer gemeinsamen Basis ist u. a. das HerbeifuÈhren von VeraÈnderung effektiver. z Die Fa È higkeit zur Motivation, die nicht nur auf Geld oder Status basiert. Literatur Baumgartner I, HaÈfele W, Schwarz M, Sohm K (1996) OE Prozesse. Haupt Beck R, Schwarz G (1997) Personalentwicklung. Fachverlag Dr Sandmann Bode E (1977) Grundwissen in Statistik. Reinhardt Comelli G (1985) Training als Beitrag zur Organisationsentwicklung. In: Jeserich W (Hrsg) Handbuch der Weiterbildung fuÈr die Praxis in Wirtschaft und Verwaltung Bd 4. Hanser Goffee R, Jones G (1997) Kultur: Der Stoff, der Unternehmen zusammenhaÈlt. Harvard Business manager 2:41±54 Goleman D (1999) Emotionale Intelligenz zum FuÈhren unerlaÈûlich. Harvard Business manager 3:27±36 Heckhausen H (1981) Motivation und Handeln. 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