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Ausgangslage und Zielsetzungen des neuen Entgeltsystems
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Krankenhausvergütung auf der Basis
von Diagnosis Related Groups (DRGs)
2 z 21
Jürgen Klauber, Henner Schellschmidt
Juni 2001
inhaltsüberblick
Noch fehlen einige Rahmenregelungen, aber die Weichen
sind gestellt: Zukünftig werden Krankenhausleistungen
auf der Basis von DRGs vergütet. Das Kapitel gibt eine
grundsätzliche Einführung in das Thema. Dazu gilt der
Blick nicht nur der theoretischen Darstellung, sondern
auch den praktischen Umstellungserfordernissen und den
Erfahrungen in anderen Ländern. Der Beitrag schließt
mit einem Anforderungskatalog für das Krankenhausmanagement.
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Ausgangslage und Zielsetzungen
des neuen Entgeltsystems
Der Gesetzgeber hat mit der GKV-Gesundheitsreform
2000 zum 1. 1. 2000 den neuen § 17 b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) in Kraft gesetzt, der die
Einführung eines durchgängigen und leistungsorientierten Fallpauschalensystems vorgibt. Basis sollte ein international eingeführtes Klassifikationssystem nach dem
Modell der Diagnosis Related Groups (DRGs) sein. Mit
der Grundentscheidung für ein DRG-basiertes System
wurde ein neuer Weg in der Vergütung von Krankenhausleistungen gewählt, von dem wesentliche Impulse auf die
Struktur und Gestalt der zukünftigen Krankenhausversorgung in Deutschland erwartet werden (Arnold et al.
2001).
Die Entscheidung für das neue Vergütungssystem
steht in der Kontinuität des Gesundheitsstrukturgesetzes
1993 (GSG), das zum 1.1.1996 den Einstieg in ein Misch1
GKV-Gesundheitsreform 2000
Fallpauschalen
und Sonderentgelte
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Ausgangslage und Zielsetzungen des neuen Entgeltsystems
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Mischsystem nicht
praxisgerecht
Wettbewerb und
Transparenz als Ziele
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system aus Abteilungs- und Basispflegesätzen, Fallpauschalen und Sonderentgelten vorschrieb. Damit war die
Absicht verbunden gewesen, die Abteilungs- und Basispflegesätze zunehmend durch Fallpauschalen und Sonderentgelte abzulösen (Kap. 2.01).
In der Praxis zeigte sich jedoch, dass dieses Ziel kaum
erreicht werden konnte. Insbesondere im konservativen
Bereich erfolgte keine progressive Durchdringung der
Leistungsvergütung durch Fallpauschalen und Sonderentgelte. Definiert wurden Fallpauschalen vor allem für klar
abgrenzbare operative Leistungen (z. B. Blinddarmoperationen). Im Jahre 2000 wurden gerade einmal 20–25%
der Krankenhausleistungen durch pauschalierte Entgelte
vergütet. Der überwiegende Teil der Leistungen (75–80%)
verblieb im sog. „Restbudget“ (Schlottmann u. Schellschmidt 1999).
Die politisch beabsichtigte Ablösung des Selbstkostendeckungsprinzips auf diesem Wege war damit gescheitert.
In der Konsequenz hat der Gesetzgeber mit der GKV-Gesundheitsreform 2000 die Selbstverwaltungspartner beauftragt, das bisherige Mischsystem durch eine komplettes Fallpauschalsystem zu ersetzen und dabei auf einem
international etablierten DRG-System aufzubauen. Damit
ist das Ziel verbunden, ein leistungsorientiertes und leistungsgerechtes Vergütungssystem jenseits der tagesgleichen Pflegesätze zu implementieren, das Markttransparenz schafft und Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern fördert. Durch die damit verbunden neuen Anreize sollen letztlich die Qualität und Wirtschaftlichkeit
der Leistungserbringung verbessert werden.
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Rechtliche Vorgaben und notwendige Entscheidungen
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Rechtliche Vorgaben und notwendige Entscheidungen
Juni 2001
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Das neue durchgängige und leistungsorientierte Fallpauschalsystem gemäß § 17 b KHG umfasst alle voll- und teilstationären Leistungen, wobei die Leistungen gemäß Psychiatrie-Personalverordnung ausgenommen sind. Die Fallgruppensystematik selbst sowie die Bewertungsrelationen
sind auf Bundesebene festzulegen. Die Bewertungsrelationen meinen dabei die Festlegung von Relativgewichten
im Hinblick auf eine Bezugsleistung. Die konkrete Bestimmung des Entgeltes für eine Fallpauschale erfolgt
über Punktwertfestlegungen, möglicherweise auf regionaler Ebene.
Für die Auswahl des Vergütungssystems gibt das KHG
vor, dass die Orientierung an einem international bereits
eingesetzten System auf der Basis der Diagnosis Related
Groups (DRGs) erfolgen soll. Dabei ist eine Fallgruppensystematik zu wählen, die einerseits zur Abbildung von
Komplexitäten und Komorbiditäten in der Lage ist und
anderseits einen praktikablen Differenzierungsgrad aufweist.
Bei der Festlegung der Vergütung sind die Finanzierungstatbestände, die nicht einheitlich in allen Krankenhäusern gegeben sind, über bundeseinheitliche Regelungen für Zu- und Abschläge neben den Fallpauschalen zu
berücksichtigen. Der Gesetzgeber nennt hier die Notfallversorgung, die Vorhaltung von zur Sicherstellung der
Versorgung der Bevölkerung notwendigen Leistungen, die
ansonsten nicht kostendeckend erbracht werden können,
die Erbringung von Ausbildungsleistungen sowie die Aufnahme von Begleitpersonen.
Die Einführung, Ausgestaltung und dauerhafte Pflege
des neuen Entgeltsystems entlang diesen Vorgaben obliegt
der gemeinsamen Selbstverwaltung – bestehend aus der
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Regelungen gemäss
§ 17b KHG
Orientierung an
einem bewährten
System
Zu- und Abschläge
Aufgaben von
Verbänden
und Gesetzgeber
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Deutschen Krankenhausgesellschaft, den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen und dem Verband
der privaten Krankenversicherung. Die Verbände gemeinsam haben im Rahmen eines festgelegten Zeitplans die
Gestaltungsentscheidungen zu treffen. Der Gesetzgeber
muss begleitend den ordnungspolitischen Rahmen im
Rahmen einer neuen Krankenhausentgeltverordnung anstelle der derzeit geltenden Bundespflegesatzverordnung
(BPflV) regeln. Dies soll im Laufe des Jahres 2001 erfolgen.
Ab dem 1. 1. 2003 soll das neue Vergütungssystem
erstmals flächendeckend für alle Krankenhäuser
eingesetzt werden, die der Bundespflegesatzverordnung unterliegen. Dabei wird zunächst im Jahre
2003 eine budgetneutrale Erprobung des neuen
Systems erfolgen. Für die folgenden Jahre ist eine
phasenweise Einführung des neuen Vergütungssystems geplant, um die erwarteten Änderungen infolge der veränderten Anreize und Finanzströme sowohl auf Seiten der Krankenhäuser als auch für
die Krankenkassen abzufedern. Der hierfür notwendige Zeitrahmen ist noch nicht abschließend
geregelt, derzeit ist eine sukzessive Einführung bis
zum Jahr 2007 geplant.
Phasenweise
Einführung ab 2003
Grundlage in
Deutschland: AR-DRGs
Mit der Vereinbarung der Selbstverwaltungspartner vom
27. Juni 2000 fiel die Systementscheidung zugunsten der
Australian Refined Diagnosis Related Groups (AR-DRGs)
als Grundlage der Entwicklung in Deutschland. Zugleich
wurde eine Reihe von ergänzenden Festlegungen getroffen, die den Einführungs- und Anpassungsprozess des
australischen Systems auf die Verhältnisse in Deutschland
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Rechtliche Vorgaben und notwendige Entscheidungen
Juni 2001
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betreffen. Neben einigen Vereinbarungen zu zentralen Regelungsbereichen des DRG-Anpassungsprozesses (u. a. Verfahren der Gewichtskalkulation), wurde neben anderem die
Zahl der voll- und teilstationär abrechenbaren Fallgruppen
bis zum 31. Dezember 2005 auf maximal 800 begrenzt. Für
die Aufgaben der Systempflege sowie der Ermittlung und
Pflege der Relativgewichte vereinbarten die Selbstverwaltungspartner die Errichtung eines DRG-Instituts.
Zudem wird der Gesetzgeber in der Vereinbarung aufgefordert, den ordnungspolitischen Rahmen der Einführung des neuen Entgeltsystems festzulegen. Hier gilt
es unter anderem zu regeln, in welcher Form und auf
welcher Ebene Budgets als fiskalischer Gesamtrahmen
wirken und ob z. B. DRG-Preise als Fest- oder Höchstpreise gelten sollen. Damit verbunden ist u. a. auch die Frage,
wie zukünftig die Krankenhausplanung in Deutschland
aussehen wird. Wird es z. B. Mengenfestlegungen regionalbezogen oder für einzelne Standorte oder Krankenhäuser geben oder werden Mengenvereinbarungen auch
Gegenstand des Verhandlungsgeschehens zwischen den
Kassen und Krankenhäusern sein?
Die Selbstverwaltungspartner fordern außerdem vor
dem Hintergrund der internationalen Erfahrungen vom
Gesetzgeber, der budgetneutralen Einführung des Systems
im Jahre 2003 eine dreijährige Konvergenzphase folgen zu
lassen, um größere Verwerfungen zwischen den Krankenhäusern zu vermeiden. Eine vom Gesetzgeber angekündigte Krankenhausentgeltverordnung soll im Jahre
2001 u. a. diese Tatbestände regeln.
Selbstverwaltungspartner und Gesetzgeber sind mit
einer Fülle von Regelungsaufgaben beauftragt, die im
Rahmen eines engen Zeitplans abzuarbeiten sind. Der
Gesetzgeber hat im KHG einige Termine gesetzt, an de5
Ordnungspolitischer
Rahmen
Forderung nach
Konvergenzphase
Aufgabenkatalog
für Selbstverwaltung
und Gesetzgeber
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Rechtliche Vorgaben und notwendige Entscheidungen
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nen sich der Fahrplan zu orientieren hat. Im Verlauf des
Jahres 2000 ist es zu einigen Verzögerungen im Entscheidungsprozess gekommen. Im Folgenden werden einige
der zentralen Entscheidungen und Regelungsaufgaben im
Zuge der DRG-Adaption in Deutschland aufgeführt. Einige dieser Aufgaben sind bereits erledigt worden. Andere
stehen noch zur Entscheidung an. Die Aufgaben im Einzelnen sind folgende:
z Einigung über die Grundstrukturen des Vergütungssystems
z Einigung über das Verfahren zur Ermittlung der Bewertungsrelationen (Relativgewichte)
z Entscheidung über Zu- und Abschläge
z Lizenzerwerb zur Übernahme der AR-DRGs
z Übertragung der Handbücher und begleitenden Regelwerke
z Anpassung der Kodes (ICD 10-SGB V, OPS 301) und
erste Überleitung (Mapping) auf die australischen
Kodes zur Bildung eines ersten Entwicklungsgroupers
für die G-DRGs
z Entscheidung über Systemfinanzierung (DRG-Zuschlag)
z Gründung eines DRG-Institutes für die Anpassung,
Pflege und Weiterentwicklung der G-DRGs
z Gesetzliche Regelung des ordnungspolitischen Rahmens des neuen Vergütungssystems (Krankenhausentgeltverordnung)
z Festlegung einer verbindlichen Kalkulationsmethode
zur Erhebung der Fallkosten und Ermittlung erster
Relativgewichte mithilfe einer Krankenhausstichprobe
z Sukzessive Anpassung des ersten Entwicklungsgroupers zur Etablierung einer ersten deutschen nativen
Grundversion der G-DRGs
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DRGs als Klassifikationssystem
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z
z
z
z
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Festlegung des Basisfallwerts für 2003
Etablierung und Anwendung von Regeln zur jährlichen Pflege der Klassifikation und Kalkulation der
Relativgewichte
budgetneutrale Einführung 2003
stufenweise Einführung des neuen Vergütungssystems
mit Budgetrelevanz.
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DRGs als Klassifikationssystem
Juni 2001
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DRGs sind zunächst kein Vergütungssystem, sondern ein
Patientenklassifikationssystem, das eine eindeutige Zuweisung aller akutstationären Fälle in kostenmäßig homogene und zugleich medizinisch sinnvolle Fallgruppen vornimmt. Das ursprüngliche Ziel der DRG-Bildung zum Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war es,
die Vielfalt des Behandlungsgeschehens im Krankenhaus
zu strukturieren und dafür sowohl unter medizinischen
als auch ökonomischen Aspekten annähernd vergleichbare „Produkte“ in der stationären Versorgung zu identifizieren. Es sollen Gruppen definiert werden, die in klinisch-medizinischer Hinsicht homogen sind und zugleich
ähnliche Behandlungskosten aufweisen. Im Sinne der Behandlungsoptimierung können auf solchen Patientenklassifikationssystemen definierte Behandlungspfade aufsetzen. In ökonomischer Hinsicht geht es um die Definition
von Produktions- und Verkaufseinheiten, für die angemessene Preise festzulegen sind (vgl. zu den Grundlagen
Schlottmann u. Schellschmidt 1999; Fischer 2000; Fischer
2001; Lauterbach u. Lüngen 2000; Rochell u. Roeder
2000; Erläuterungen zu einzelnen DRG-Grundbegriffen
siehe am Ende des Kapitels).
Mit der Entwicklung von DRGs sollten ursprünglich
definierte Vergleichsgrundlagen für Qualitäts- und Leis7
Vergleichbare
„Produkte“ schaffen
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DRGs als Klassifikationssystem
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Unterschiedliche
Anforderungen an die
Differenziertheit
Kostenhomogenität
als Bewertungsmaß
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tungsbewertungen geschaffen werden. Relativ schnell
wurde aber deutlich, dass DRGs nicht nur als Produktdefinition, sondern auch als Basis einer pauschalierten
Vergütung verwendet werden könnten. Je nach Verwendungsziel bestehen unterschiedliche Anforderungen an
die Differenziertheit der DRG-Fallgruppenbildung. Während sich für Qualitätsbewertungen eine höhere Differenzierung, also eine insgesamt relativ hohe Fallgruppengesamtzahl als sinnvoll erweist, ist für die Zwecke der
Leistungsvergütung eine geringere Differenzierung erforderlich.
Dabei muss beachtet werden, dass es nicht um die angemessene Vergütung eines jeden einzelnen Falls geht.
Vielmehr ist es erforderlich, dass es innerhalb eines definierten Zeitverlaufs durch die Pauschalen zu einer angemessenen Vergütung über alle Fälle einer Gruppe kommt.
Zentrales Maß für die Bewertung einer angemessenen
Gruppenbildung und damit auch für die durchschnittliche
Vergütung der jeweiligen Fälle ist deshalb die Kostenhomogenität innerhalb der Fallgruppe. Homogenitätsmaße
sind ein entscheidendes Kriterium beim Zuschnitt und
der jeweiligen Abgrenzung der Fallgruppen. Für Vergütungszwecke hat sich im Blick auf die internationalen Erfahrungen eine Differenzierung von 500–700 Fallgruppen
als sinnvoll erwiesen. Für weitergehende Verwendungen
im Rahmen von Qualitätssicherungs- und Qualitätsvergleichsmaßnahmen sind demgegenüber DRG-Systeme mit
mehr als 1000 Fallgruppen üblich.
z! Auf die zentrale Unterscheidung ist noch einmal hin-
zuweisen: DRGs sind ein System zur Klassifizierung
von einzelnen Krankenhausfällen durch eine eindeutige Zuordnung zu Fallgruppen. Auf DRGs basierend
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Die DRG-Familie
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kann ein Vergütungssystem entwickelt werden. Die für
die Vergütung relevanten Regelungen sind allerdings
eigenständig zu treffen und nicht automatisch mit der
Entscheidung für ein bestimmtes DRG-System entschieden.
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Juni 2001
Die DRG-Familie
Die Entwicklung von DRGs begann Ende der 60er Jahre
an der Yale University in den USA. Die Gruppe um Fetter
legte 1977 eine erste DRG-Version mit 317 Fallgruppen
vor, die zunächst nur auf Diagnosen basierte und hinsichtlich der ökonomischen und medizinischen Homogenität der einzelnen Gruppen noch einige Defizite aufwies.
In der Folgezeit wurde das DRG-System schnell weiterentwickelt und ab 1983 von der Health Care Financing
Administration (HCFA) erstmalig zur Vergütung in der
Medicare-Versicherung eingesetzt. Medicare ist die staatliche Krankenversicherung für die über 65-Jährigen in den
USA. Die sog. HCFA-DRGs wurden in den vergangenen
17 Jahren regelmäßig überarbeitet und angepasst, aber
gehören mit 499 Fallgruppen im Jahr 2000 unverändert
zu den DRG-Systemen mit einer relativ geringen Fallgruppenzahl.
Weitgehend alle internationalen DRG-Systeme finden
ihren Ausgangspunkt in dem Grundkonzept der HCFADRGs und weisen trotz der deutlichen Verfeinerungen
und Modifizierungen während der vergangenen Jahre
noch starke Ähnlichkeiten mit diesem Grundsystem auf.
Dies gilt z. B. für die Verwendung eines begrenzten Satzes
zentraler Austrittsdaten (Hauptdiagnose, Nebendiagnosen, Prozeduren, ausgewählte Patientendaten) für die
Klassifizierung. Es gilt auch für die Etablierung von zunächst 23 zumeist organbezogenen Hauptdiagnosekatego9
Yale DRGs 1977
HCFA-DRGs 1983
Zentrale
Gemeinsamkeiten
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Die DRG-Familie
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Weiterentwicklungen
der HCFA-DRGs
Unterschiede hauptsächlich im Detail
Das deutsche
DRG-System
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rien (Main Diagnostic Categories MDC) sowie die Differenzierung von operativen und nicht-operativen Fällen im
weiteren Zuweisungsalgorithmus.
Die Weiterentwicklungen der HCFA-DRGs waren zum
einen von dem Bemühen getragen, Klassifikationssysteme
für ein umfassendes Patientenspektrum über die RentnerKlientel von Medicare hinaus aufzubauen. Zum anderen
sollten die Neuentwicklungen Komplikationen und
Schweregradunterschiede besser abbilden und die Kostenhomogenität der Fallgruppen weiter verbessern. Insbesondere im Zuge der Entwicklung der Refined-Versionen wurde auch an der inneren logischen Struktur der
Fallgruppenbildung gearbeitet, damit letztlich Fälle vergleichbarer Art, aber mit unterschiedlichen Schweregradstufen in einer klar identifizierbaren hierarchischen Zuordnung zueinander stehen. Je nach Verwendungszusammenhang waren die Adaptionen mit einer mehr oder weniger deutlichen Steigerung der Zahl der Fallgruppen verbunden.
Bei allen Unterschieden im Detail ist die internationale Entwicklung der DRG-Systeme stark miteinander verbunden. Üblicherweise ist deshalb von der „DRG-Familie“
die Rede. Im Umfeld der engeren DRG-Familie finden
sich noch weitere Klassifikationssysteme, die in starker
Anlehnung an die DRG-Grundsystematik entstanden, aber
als nationale Eigenentwicklungen abweichende Wege gegangen sind. Hierzu gehören insbesondere die Leistungsorientierten Diagnosefallgruppen in Österreich (LDF) sowie die Health Resource Groups (HRG) in Großbritannien.
Das deutsche DRG-System (G-DRGs) wird durch die
Orientierung an den australischen AR-DRGs Teil der
DRG-Familie werden. Mit der von der Selbstverwaltung
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Die DRG-Familie
Juni 2001
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Abb. 1: Die DRG-Familie (modifiziert nach Fischer 2001)
politisch vorgegebenen maximalen Fallgruppenzahl von
800 werden sich die G-DRGs voraussichtlich auf dem Level der Systeme mittlerer Größe bewegen. Sie werden sich
zugleich in die jüngste Generation der DRG-Systeme einordnen, welche sich durch einen modernen Kompromiss
von ausreichender Differenziertheit und praktikabler Eignung für Vergütungszwecke auszeichnen. Ob für diesen
Kompromiss tatsächlich die maximale Gruppenzahl von
800 zum Zuge kommen wird, bleibt abzuwarten. Dies
wird im Wesentlichen davon abhängen, mit welcher
Stringenz ein regelgebundenes System zur Weiterentwicklung des Klassifikationssystems in Deutschland zum Einsatz kommen wird. Im Blick auf die internationalen Erfahrungen kann durchaus davon ausgegangen werden,
dass man auch mit deutlich weniger Gruppen auf dem
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Die DRG-Familie
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AP-DRGs
Ableger in anderen
Ländern
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Niveau der AR-DRGs oder der AP-DRGs in Deutschland
auskommen wird.
Tabelle 1 listet einige zentralen Eigenschaften der Systeme auf. Dabei bleiben diejenigen Systeme außer Acht,
die derzeit operativ nicht einsetzbar sind (SR-DRGs, IAPDRGs). Auf die Fülle der Einzelsysteme und ihre Eigenheiten kann hier nicht eingegangen werden (vgl. hierzu
ausführlich Fischer 2000; Fischer 2001; Rochell u. Roeder
2000).
Auf einige Besonderheiten der dargestellten Systeme
sei allerdings hingewiesen. Das AP-DRG-System wurde
Ende der 80er Jahre als Alternative zu den HCFA-DRGs
entwickelt. AP-DRGs sollten die Beschränkung der HCFADRGs auf das Medicare-Klientel überwinden. Hierzu wurden weitere Krankheitsbilder (HIV, Multiple Traumata)
abgebildet, differenzierte Neugeborenen-DRGs unter
Berücksichtigung des Geburtsgewichts aufgebaut und ein
Konzept „schwerwiegender Begleiterkrankungen“ implementiert, um die einfache Unterscheidung der HCFADRGs zwischen „mit Komorbidität/Komplikation“ und
„ohne Komorbidität/Komplikation“ zu verfeinern.
In den skandinavischen Ländern wurde ab 1995 mit
den NordDRGs eine Adaption an nationale Bedürfnisse
und Weiterentwicklung auf der Basis HCFA-DRGs vorgenommen. Die in Frankreich im Rahmen der Krankenhausbudgetierung eingesetzten Groupes Homogènes de
Malades (GHM) wurden ebenfalls ursprünglich auf der
Basis der HCFA-DRGs entwickelt und später um Elemente
der AP-DRGS angereichert. Die Australian National DRGs
(AN-DRGs) mit 667 Fallgruppen wurden 1992 als australische Eigenentwicklung auf der Basis der AP-DRGs und
APR-DRGs geschaffen.
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Die DRG-Familie
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Tabelle 1: DRG-Systeme im Überblick
Juni 2001
Kurztitel
Langtitel
Einsatzland; Eigner;
Zwecke
HCFA-DRGs DRG-System
USA; Medicare; Vergütung,
der Health Care Benchmarking
Financing
Administration
AP-DRGs
All-Patient-DRGs USA; Staat New York, 3M;
Vergütung, Benchmarking
Nord-DRGs Nordic DRGs
Finnland, Norwegen,
Schweden; Regierungen
der skandinavischen Länder;
Vergütung (Budgetverteilung), Benchmarking
GHM
Groupes
Frankreich; franz. Regierung;
Homogènes
Vergütung (Budgetde Malades
verteilung), Benchmarking
R-DRGs
Refined DRGs
USA; Health Systems
Consultant; Benchmarking,
Qualitätssicherung
APR-DRGs
AR-DRGs
All Patient
Refined DRGs
Australian
Refined DRGs
(Vorläuferversion:
Australian
National DRGs,
AN-DRGs)
Hauptkategorien*
25
FallSchweregruppen gradstufen
499
maximal 2
25
641
maximal 3
25
492
26
600
maximal 3
25
1198
USA; 3M; Qualitätssicherung 25
1530
maximal 3
bei medizinischen
Basis DRGs,
maximal 4
bei chirurgischen
Basis DRGs
maximal 4
Australien; australische
23
Regierung (Commonwealth);
Vergütung, Qualitätssicherung
661
maximal 5
* Der Anzahl der Hauptkategorien sind ggf. bei den einzelnen Systemen noch ergänzende Hauptkategorien jenseits der regulären Zuweisung zuzurechnen, so z. B. für die sog. Pre-MDCs. Eine Erweiterung führt je nach System zu meistens zwei, maximal drei weiteren Hauptgruppen. Weitere Kategorien ergeben sich ggf. durch gesonderte Hauptgruppen für ambulante Hauptgruppen, so z. B. bei den
französischen GHM.
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Die DRG-Familie
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Refined-Versionen
Praktikables System
für Deutschland
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Eine methodisch neuere Generation von DRG-Systemen stellen die Refined-Versionen dar. So entstanden als
Weiterentwicklung der HCFA-DRGs die Refined Diagnosis
Related Groups (RDRGs) mit 1198 Gruppen und als Weiterentwicklung der AP-DRGs die All Patient Refined Diagnosis Related Groups (APR-DRGs) mit 1530 Gruppen.
Diese DRG-Varianten unterscheiden für ein Set von BasisDRGs relativ durchgängig 3 bis 4 Schweregradstufen, was
zu der relativ großen Fallgruppenzahl führt.
Mit den AR-DRGs hat sich die Selbstverwaltung in
Deutschland für ein DRG-System der jüngsten Generation
entschieden. Diese kennen grundsätzlich die Schweregraddifferenzierung der Refined-Versionen. Die Differenzierung wird jedoch im Gegensatz zu den klassischen Refined-Versionen (R-DRGs, APR-DRGs) nur da wirksam, wo
es im Sinne eines praktikablen Vergütungssystems geboten
ist. Hier wurden folglich die Erkenntnisse der Refined-Varianten aufgenommen, ohne das es zwangsläufig
zu einer für Vergütungszwecke unpraktikablen Ausweitung
von Fallgruppen kommt. So macht es unter dem Vergütungsaspekt keinen Sinn, für jede sich rechnerisch ergebende Schweregradabstufung eine DRG zu bilden, wenn
Fallgruppen kaum besetzt sind bzw. dies kaum zur Verbesserung der Kostenhomogenität der Fallgruppen beiträgt.
Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben sind die RefinedVersionen R-DRGs und APR-DRGs für die Systementscheidung aufgrund der hohen Komplexität und vor dem
Hintergrund, dass bisher keine internationale Erfahrungen im Rahmen eines Einsatzes zur Vergütung vorliegen,
ausgeschieden. Die noch in der Entwicklung befindlichen
International All Patient DRGs (IAP-DRGs) kamen aufgrund fehlender internationaler Erprobung ebenfalls nicht
in Betracht.
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DRG-Zuweisungsschema
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2 z 21 | 05
DRG-Zuweisungsschema
Juni 2001
2 z 21 05
Im Zuge der Fallgruppenbildung erfolgt eine eindeutige
Zuweisung jedes einzelnen Falles (Patienten) zu genau einer DRG. Diese Zuweisung geschieht nach festgelegten
Entscheidungsregeln (Zuweisungsalgorithmen), die in
Handbüchern dokumentiert und damit in ihrer Logik
transparent gemacht werden. Faktisch erfolgt die Zuweisung mit zertifizierten EDV-Programmen, den sog. Grouper-Programmen.
Zunächst orientieren sich die verwendeten Algorithmen an der Hauptdiagnose und der für den Behandlungsfall ggf. eingesetzten Hauptprozedur. Bei der weiteren Fallzuweisung kommen dann im Entscheidungsbaum üblicherweise die Nebendiagnosen zum Tragen, die
bei signifikanter Schweregraderhöhung dazu führen, dass
der Behandlungsfall einer Fallgruppe mit Komplikationscharakter bzw. Komorbidität zugeordnet wird. Daneben
ist es in den meisten DRG-Systemen üblich, besondere
Sachverhalte, die zugleich auch besonders kostenaufwendig sind, als Ausnahmetatbestand am Beginn der Zuordnung direkt in spezielle DRGs einzuordnen. Typischerweise zu nennen sind hier Fälle wie Langzeitbeatmungen,
Polytraumata, Transplantationen oder HIV-Erkrankungen.
Neben den Diagnosen und Prozeduren ziehen die international eingesetzten DRG-Systeme bei der Fallzuordnung
im Weiteren vor allem noch das Alter, das Geburtsgewicht, das Geschlecht oder die Entlassungsart heran
(Abb. 2).
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Eindeutige
regelgebundene
Zuordnung von Fällen
Kriterien
der Zuordnung
2 z 21 06
Berechnung von Relativgewichten
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Abb. 2: Parameter der DRG-Bildung
2 z 21 | 06
Berechnung von Relativgewichten
Basisfallpreis
Der Einsatz eines DRG-Systems zur Vergütung erfordert,
dass jeder Behandlungsfallgruppe ein relatives Kostengewicht zugeordnet wird, das die durchschnittliche ökonomische Fallschwere der DRG ausdrückt. Dieses Relativgewicht ist auf das Referenzkostengewicht bezogen, welches
im Regelfall so festgelegt ist, das es den Wert 1.0 hat und
den nationalen Durchschnittsfallkosten entspricht. Die
Kosten dieser Bezugsleistung werden auch als Basisfallpreis (base rate) bezeichnet. Der Erlös einer DRG ergibt
sich dann gemäß der Formel:
DRG-Erlös = DRG-Relativgewicht ´ base rate
Beispiel für
Erlösberechnung
Case-Mix
Unterstellt man beispielsweise, die base rate sei 4000 DM
und man betrachte eine DRG „Herzschrittmacherimplantation“ mit einem Relativgewicht von 3.5, so ergäbe sich
ein Fallerlös von 14 000 DM.
Addiert man nun die Kosten- bzw. Relativgewichte
der Behandlungsfälle einer Einheit (z. B. Krankenhaus,
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Ausreißer (Outlier)
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2 z 21 07
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Juni 2001
Abteilung, Region), so ergibt sich der sog. Case-Mix
(CM). Dividiert man im weiteren den CM durch die Anzahl der entsprechenden Behandlungsfälle, so ergibt sich
der Wert für den Case-Mix-Index (CMI). Der CMI liefert
damit das durchschnittliche Kostengewicht des Behandlungsfalles einer Einheit und drückt die durchschnittliche
Ressourcenintensität aus, die bei einem Krankenhaus A
mit einem CMI von 1,7 gegenüber einem Krankenhaus B
mit einem CMI von 1,3 entsprechend höher liegt. Mit
dem Verweis auf den CMI lassen sich Kostenunterschiede
von Krankenhäusern besser erklären bzw. es werden dort
Effizienzunterschiede offenbar, wo bei höheren Kosten
der CMI keinen Hinweis auf eine erheblich abweichende
Schwere der behandelten Fälle gibt.
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Ausreißer (Outlier)
Beim Einsatz von Fallgruppensystemen, so auch DRGSystemen, ist zu berücksichtigen, dass üblicherweise Regeln implementiert werden, die für eine Fallgruppe Ausreißer (Outlier) identifizieren, wenn diese Fälle bestimmte
Grenzen hinsichtlich Verweildauer und/oder Kosten überschreiten. Für diese Fälle gelten dann ergänzende Vergütungsregeln.
Im Regelfall sind Schwankungen der Behandlungskosten um den durchschnittlichen Fallwert für das Krankenhaus normale Optionen von Gewinn und Verlust, die sich
über die Gesamtheit aller Fälle ausgleichen. Mit den Ausreißerregelungen erhalten die Krankenhäuser ein ergänzendes Rückversicherungssystem, das sie vor einem inakzeptablen betriebswirtschaftlichem Risiko schützt, das
mit Ausreißerfällen von extremer Behandlungsintensität
und Dauer einher geht.
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Absicherung
außergewöhnlicher
Risiken
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Systematik des AR-DRG-Systems
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Häufiger Maßstab:
durchschnittliche
Verweildauer
Eine ausführliche Darstellung der Ausreißerregelungen
in den USA und Australien findet sich bei Günster (2001).
Eine häufige internationale Definition identifiziert Ausreißer über die Abweichung des Falles von der durchschnittlichen Verweildauer (durchschnittlichen Kosten) um ein
Mehrfaches der Standardabweichung. Die jeweils geltenden Vergütungsregelungen für Ausreißer führen dazu,
dass diesen Fällen ein höheres relatives Kostengewicht
zugestanden wird, wodurch sich Case-Mix und Case-MixIndex des Krankenhauses entsprechend erhöhen.
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Systematik des AR-DRG-Systems
661 Fallgruppen
Australian Refined Diagnosis Related Groups (AR-DRGs)
werden in Australien seit 1999 u. a. in der Krankenhausfinanzierung eingesetzt. Sie stellen eine Weiterentwicklung der Australian National DRGs (AN-DRGs) dar, die
seit 1992 im Einsatz waren. Die AN-DRGs wurden seinerzeit als australische Eigenentwicklung auf der Basis der
All Patient Refined DRGs (APR-DRGs) der Firma 3M eingeführt. Maßgeblich für die Weiterentwicklung war das
Ziel, die AN-DRGs unter Beratung von Klinikern und Gesundheitsorganisationen an neue Technologien und Diagnose- und Prozedurenschlüssel anzupassen und dabei die
medizinische Homogenität und die Kostenhomogenität zu
verbessern. Für das Jahr 2000 wurde die Version 4.1 verwendet, die wie schon die Vorgängerversion 4.0 eine eindeutige Zuordnung aller Fälle in 661 Fallgruppen vornimmt. Mit dem Übergang zur Version 4.1 erfolgte der
Wechsel von der Verwendung des ICD-9-AM zum ICD10-AM (ICD-10 Australian Modification). Der ICD10-AM/Band 1 weist die verwendeten Diagnosen und der
ICD-10-AM/Band 3 die verwendeten Prozeduren aus.
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Systematik des AR-DRG-Systems
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Juni 2001
Der Gruppierungsprozess erfolgt wie in anderen DRGSystemen entlang eines Gruppierungsalgorithmus, der jeden Behandlungsfall per Software oder manuell eindeutig
in eine der Fallgruppen einordnet. Auf der ersten Hierarchiestufe des Entscheidungsbaumes erfolgt die Einordnung in eine von 23 Hauptdiagnosekategorien (Major Diagnostic Category MDC), eine Sondergruppe (Pre-MDC)
oder eine Fehlergruppe (Abb. 3).
Die Fehlergruppe umfasst 7 Fehler-DRGs, in die ein
Fall eingeordnet wird, wenn z. B. eine Diagnosekombination unakzeptabel ist oder eine neonatale Diagnose nicht
zu Alter und/oder Gewicht passt. Die Pre-MDC beinhaltet
8 DRGs, die von vornherein Sondertatbestände wie Tra-
Abb. 3: Schema der AR-DRG-Gruppierung
19
Gruppierungsprozess
23 MDCs,
1 Fehlerkategorie,
1 Pre-MDC
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Systematik des AR-DRG-Systems
Inhalt
60 SUB-MDCs
409 Basisfallgruppen
661 AR-DRGs
Unterteilung der
Basisfallgruppen
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cheotomie bzw. Langzeitbeatmung, Transplantationen,
Polytrauma, HIV-Erkrankung etc. erfassen.
Der korrekt kodierte „Normalfall“ wird hingegen zunächst einer der 23 in der Regel organsystembezogen definierten Hauptkategorien zugeordnet. Innerhalb der
Gruppen unterscheidet das AR-DRG-System auf der zweiten Hierarchiestufe jeweils zwischen bis zu drei Partitionen (chirurgische, sonstige, medizinische), was zu insgesamt 60 SUB-MDCs führt. Die Aufteilung in chirurgische und konservativ behandelte Fälle, die in allen DRGSystemen üblich ist, wird hier ergänzt um die Kategorie
„Sonstige“. Hier werden die Fälle erfasst, bei denen diagnostische oder therapeutische Eingriffe erbracht wurden,
die nicht an die Nutzung von Operationssälen gebunden
sind.
Innerhalb der SUB-MDCs erfolgt dann die Einordnung in die Basisfallgruppen (Adjacent-DRGs, ADRG),
von denen das AR-DRG-System insgesamt 409 kennt (186
chirurgische, 190 medizinische und 26 sonstige Fallgruppen).
Auf der Ebene der Basisfallgruppen greift dann das
System der Fallschweredifferenzierung, so dass letztlich
jeder Fall einer von 661 AR-DRGs zugeordnet wird.
Tabelle 2 zeigt die Verteilung der AR-DRGs auf die
unterschiedlichen Hauptkategorien.
Für einen Behandlungsfall kann anhand der dokumentierten ICD-Codes der Nebendiagnosen ein PCCL
(Patient Clinical Complexity Level) von 0 (keine erschwerende Nebendiagnose) bis 4 (katastrophaler Schweregrad)
unterschieden werden. Theoretisch wäre also auf diese
Weise ein Aufteilung der Basis-DRGs in rund 2000
Schweregradgruppen möglich. Faktisch werden jedoch
nur rund die Hälfte der Basis-DRGs überhaupt unterteilt.
20
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Systematik des AR-DRG-Systems
Inhalt
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Treffer
Tabelle 2: AR-DRGs – Anzahl der DRGs nach Hauptkategorien (MDC)
MDC
Pre-MDC
1
2
3
4
5
6
7
8
9
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10
11
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15
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19
20
21
22
23
–
Beschreibung
AR-DRGs
Sondertatbestände, z. B. Tracheotomie, Transplantationen,
8
HIV-Erkrankung, Polytrauma
Krankheiten und Störungen des Nervensystems
50
Krankheiten und Störungen des Auges
20
Krankheiten und Störungen von Ohr, Nase, Mund und Hals
27
Krankheiten und Störungen des Atmungssystems
41
Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems
64
Krankheiten und Störungen des Verdauungssystems
52
Krankheiten und Störungen des hepatobiliären Systems
30
und des Pankreas
Krankheiten und Störungen des Muskel- und Skelettsystems
79
und des Bindegewebes
Krankheiten und Störungen der Haut, des Subkutangewebes
32
und der Brust
Endokrine-, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten
19
und -störungen
Krankheiten und Störungen der Niere und der Harnwege
37
Krankheiten und Störungen der männlichen Geschlechtsorgane 38
Krankheiten und Störungen der weiblichen Geschlechtsorgane
20
Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett
18
Gesunde Neugeborene oder solche mit Beschwerden,
25
die ihren Ursprung in der Perinatalzeit haben
Krankheiten und Störungen des Blutes und der blutbildenden
10
Organe und immunologische Störungen
Neoplasien (hämatologische und Gewebeneubildungen)
18
Infektiöse und parasitäre Krankheiten
20
Krankheiten und Störungen der Psyche
13
Alkohol-/Drogenmissbrauch und durch Alkohol/Drogen
7
verursachte organisch-psychische Störungen
Verletzungen, Vergiftungen und toxische Auswirkungen
24
von Arzneimitteln und Drogen
Verbrennungen
8
Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen
13
und andere Kontakte mit dem Gesundheitswesen
Fehler-DRGs
7
Summe
661
21
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Inhalt
Gesamtzahl der
Fallgruppen
PCCL-Bestimmung
Modifikation
des CCL-Wertes
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Von diesen werden wiederum rund zwei Drittel lediglich
zweigeteilt.
Hinter der Umsetzung von 409 Basis-DRGs in 661 ARDRGs stehen Kostenhomogenitäts- und Praktikabilitätsaspekte. So macht es für ein handhabbares DRG-Entgeltsystem nur dann Sinn neue Fallgruppen zuzulassen, wenn
u. a. eine statistisch ausreichende Fallzahl vorliegt und die
Verbesserung der Kostenhomogenität durch den Gruppen-Split ein zu definierendes signifikantes Maß übersteigt. Entsprechend klar definierte statistische Kriterien
gewährleisten nach Duckett (2001) beispielsweise in Australien, dass der Prozess selbsterklärend ist und ein hohes
Maß an Verbindlichkeit aufweist.
Zur Bestimmung des PCCL eines Behandlungsfalls
werden alle Nebendiagnosen ausgewertet. Insgesamt gelten im AR-DRG-System der Version 4.1 bei Neugeborenen
3300 ICD-Codes als CC-Nebendiagnosen (Complication
or Comorbidity), bei den sonstigen Patienten sind 2802
ICD-Codes als CC-Nebendiagnosen zugelassen. Den CCDiagnosen wird ein fünfstufiger klinischer Schweregrad
von CCL 0 bis CCL 4 (Clinical Complication Level) zugewiesen, wobei der CCL 4 nur bei chirurgischen Fällen
und Neugeborenen auftritt.
Der CCL-Wert einer Nebendiagnose ist nicht konstant,
sondern abhängig von der Basisfallgruppe, dem Geschlecht und der Entlassungsart. Geschlecht und Entlassungsart führen jedoch nur selten zu einer Modifikation
des CCL einer Nebendiagnose. Fischer (2001) gibt für die
Variation in Abhängigkeit von der Basisfallgruppe das
folgende Beispiel: Tritt die Diagnose „Akute respiratorische Insuffizienz“ (ICD-10: J96.0) bei einem Behandlungsfall der Basisfallgruppe „Schlaganfall“ (B70) auf,
dann kommt ihr ein CCL-Wert von 2 zu. Die gleiche Di22
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Treffer
agnose hat einen CCL-Wert von 3, falls sie bei einem Fall
in der Basisfallgruppe „Störungen kranialer und peripherer Nerven“ (B71) vorkommt.
Aus allen vorliegenden Nebendiagnosen wird schließlich der patientenbezogene Gesamtschweregrad, der
PCCL, per Algorithmus abgeleitet. Die Zuweisungsstufen
im AR-DRG-System wird in Abb. 4 veranschaulicht.
Generell gilt: Je mehr CC-Diagnosen verbleiben, desto
wahrscheinlicher erhöht sich der PCCL. Ein Patient mit
mehreren CCs erhält einen höheren PCCL als ein Patient
mit nur einer CC-Diagnose der gleichen CCL-Stufe. Damit wird dem kumulativen Effekt mehrerer relevanter
CCs bei einem Behandlungsfall Rechnung getragen. Über
die Gruppierungssoftware ist dabei sicher gestellt, dass
Diagnoseübereinstimmungen eliminiert und Doppelgewichtungen vermieden werden, wenn Diagnosen eng miteinander in Beziehung stehen.
Neben Diagnosen und Prozeduren sind im AR-DRGSystem eine Reihe weiterer Kriterien gruppierungsrelevant. Hierzu gehören: Alter, Geschlecht, Eintrittsgewicht
von Neugeborenen, Verweildauer, Status Tagesfall, Beatmungsstundenzahl, Status Zwangseinweisung und Entlassungsart. Der Zusammenstellung von Günster (2000) ist
zu entnehmen, dass dem Patientenalter als ergänzendes
Kriterium die größte Bedeutung in der Gruppenbildung
zukommt. 8 Basis-DRGs haben reine Alterssplits, 32 Basisfallgruppen werden aufgrund von Alter und CC aufgeteilt. Das Geburtsgewicht ist von großer Bedeutung in
der Beurteilung des Ressourcenverbrauchs von Behandlungsfällen der Neonatologie. Analoges gilt für die Dauer
der künstlichen Beatmung. In 14 Fallgruppendefinitionen
geht die Entlassungsart ein. Während Alter, Geburtsgewicht und künstliche Beatmung typischerweise in allen
23
Zusammenhang
CC-Diagnose mit PCCL
Weitere gruppierungsrelevante Kriterien
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Abb. 4: Zuweisungsstufen im AR-DRG-System
24
Treffer
Hilfe
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2 z 21 08
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Treffer
DRG-Systemen zur Differenzierung herangezogen werden,
ist die Berücksichtigung der Verweildauer ein Spezifikum
des australischen Systems. Das Ziel war hier vor allem,
die Zunahme von 1-Tagesfällen adäquat abzubilden. 10
Fallgruppen sind entsprechend für 1-Tagesfälle vorgesehen.
AR-DRGs haben einen dreistufigen alphanumerischen
Schlüssel. Die Nummerierung ist sozusagen sprechend.
An der Bezeichnung kann man erkennen, zu welcher
Hauptkategorie die DRG gehört, ob es sich um eine chirurgische, medizinische oder sonstige Basisfallgruppe
handelt und ob eine Aufteilung der Basisfallgruppen nach
Schweregraden vorgenommen wurde.
z Die erste Stelle kennzeichnet, um welche MDC es sich
handelt bzw. ob ein Fehler-Code vorliegt
(A = Pre-MDC, B = MDC 1, C = MDC 2 bis Z = MDC 23,
9 = Fehler-DRGs).
z Die zweite und dritte Stelle enthalten eine zweistellige
Ziffer, die angibt, ob es sich um eine chirurgische,
medizinische oder sonstige Basisfallgruppe handelt
(01–39=operativ,
40–59=sonstige,
60–99=medizinisch).
z Die vierte Stelle enthält einen Buchstaben, der die CCStufe angibt
(A = DRG mit dem höchsten Ressourceneinsatz,
B = DRG mit dem zweithöchsten Ressourceneinsatz,
C = DRG mit dem dritthöchsten Ressourceneinsatz,
D = DRG mit dem vierthöchsten Ressourceneinsatz,
Z = keine Unterscheidung der Basis-Fallgruppe).
25
Dreistufiger Schlüssel
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Zentrale Regelungsbereiche des DRG-Anpassungsprozesses in Deutschland
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Beispiel
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z Ein Beispiel mag die Nomenklatur der AR-DRGs er-
läutern. Die Basis-DRG F60 (Kreislaufstörungen bei
akutem Myokardinfarkt, ohne invasive kardiologische
Untersuchungsverfahren) ist unterteilt in drei EinzelDRGs F60A, F60B, F60C. Mit dem Buchstaben F wird
die Hauptkategorie benannt (Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems, MDC 5). Die Zahl 60 gibt
an, dass es sich um eine medizinische SUB-MDC handelt. Die Buchstaben auf der vierten Stelle (A,B,C) geben die jeweiligen Schweregradstufen an, wobei mit A
der höchste, mit B der zweithöchste und mit C der
dritthöchste Ressourcenverbrauch innerhalb der BasisDRG gekennzeichnet wird.
— F60A mit katastrophalen oder schwerwiegenden
Komplikationen bzw. Begleiterkrankungen
— F60B ohne katastrophale oder schwerwiegende
Komplikationen bzw. Begleiterkrankungen
— F60C verstorben
Kriterium:
Ressourcenverbrauch
An diesem Beispiel wird auch deutlich, dass die Schweregradabstufung nicht nach Kriterien der medizinischen
Schwere, sondern nach dem Kriterium des höchsten Ressourcenverbrauchs erfolgt. Der aus medizinischer Sicht
kritischste Fall (verstorben) ist aus der Sicht des Ressourcenverbrauchs am geringsten eingestuft.
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Zentrale Regelungsbereiche
des DRG-Anpassungsprozesses in Deutschland
Die nationale Einführung eines DRG-basierten Entgeltsystems erfordert eine Reihe von Regelungen in zentralen
Bereichen, die hier kurz vorgestellt werden:
26
Zentrale Regelungsbereiche des DRG-Anpassungsprozesses in Deutschland
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Schaffung der Datengrundlagen
Zunächst gilt es die notwendigen Datengrundlagen zu
schaffen. In Deutschland steht mit der Systementscheidung für die AR-DRGs auch der zukünftige Datenkranz
fest. Vom DIMDI (Deutsches Institut für medizinische
Dokumentation und Information) wurde hierfür der ICD10-SGB V Version 2.0 und der OPS-301 Version 2.0 erstellt. §301 SGB V, der den Datenträgeraustausch mit den
Krankenkassen regelt, wurde entsprechend angepasst. Daneben werden die erforderlichen Mapping-Tabellen erarbeitet, die sicherstellen, dass eine Übersetzung dieser
deutschen Diagnose- und Prozedurenschlüssel in die
australischen Schlüssel möglich ist.
Letztere sind als Input für die australische Gruppierungssoftware erforderlich. Im Februar 2001 wurde von
der australischen Regierung die Lizenzfreigabe für die
Verwendung der australischen Gruppierungssoftware erteilt. Damit können die AR-DRGs in Deutschland unmittelbar angewendet werden. Es steht allerdings noch kein
eigener deutscher – sog. nativer – Grouper zur Verfügung. Ein erstes deutsches Zuordnungssystem wird nach
den gesetzlichen Vorgaben bis Ende 2001 entwickelt.
Kalkulation der Relativgewichte
Eine besondere Herausforderung im Rahmen der DRGEinführung ist deren Bewertung mit Relativgewichten.
Grundsätzlich sind hier verschiedene Ansätze denkbar, so
etwa eine internationale Übernahme, eine Neukalkulation
über eine geeignete Stichprobe von Krankenhäusern.
Möglich sind auch Ansätze im Rahmen einer ökonometrischen Kalkulation auf der Basis der bestehenden Erlösstruktur der Krankenhäuser (Günster et al. 2000).
27
Deutsche Zuordnung
Ende 2001
Mögliche Ansätze
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Zentrale Regelungsbereiche des DRG-Anpassungsprozesses in Deutschland
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Probleme
Entschieden:
Neukalkulation über
Stichprobe
Notwendige Klarheit
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Gegen eine Übernahme der Gewichte anderer Länder
spricht eine Reihe von Gründen, da die jeweiligen Gewichte immer auch Spezifika der jeweiligen nationalen
Versorgungs- und Vergütungsstruktur ausdrücken. Als
größter Nachteil der erlösorientierten Vorgehensweise
wird die Gefahr genannt, dass Ineffizienzen des bestehenden Systems in die Zukunft fortgeschrieben werden
könnten.
Das international übliche Verfahren bei der Neueinführung von DRG-Systemen ist die Kalkulation über eine
geeignete Stichprobe von Krankenhäusern mit valider
Kostenträgerrechnung. In den USA standen sogar von Beginn an flächendeckende Daten einer bestehenden Einzelleistungsabrechnung zur Verfügung (Ackermann u.
Schmitthausen 2001; Lauterbach 2000). Die Selbstverwaltungspartner haben sich darauf verständigt, die Gewichtskalkulation auf der Basis einer Krankenhausstichprobe
durchzuführen. Nach dem Gesetzesfahrplan sollen erste
deutsche Kostengewichte bis zum Jahresende 2001 vorliegen. Neben der dauerhaften Pflege und Anpassung der
Fallgruppen ist die Kalkulation und regelmäßige Anpassung der relativen Kostengewichte eine der Aufgaben des
DRG-Institutes.
Sicherung der Kodierqualität
In jedem DRG-basierten Vergütungssystem kommt der Sicherung der Kodierqualität eine besondere Bedeutung zu.
Sie erfordert klare Kodierregeln und eine stringente Umsetzung in den Krankenhäusern. Die notwendige Klarheit
beginnt schon bei der eindeutigen Festlegung, was als
Hauptdiagnose zu werten ist. Unklarheiten bzgl. der
Hauptdiagnose können zu einer unterschiedlichen DRGZuordnung und damit zu entsprechend unterschiedlichen
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Zentrale Regelungsbereiche des DRG-Anpassungsprozesses in Deutschland
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Kostengewichten bzw. Erlösen führen (Rochell u. Roeder
2000). Die deutsche Selbstverwaltung hat mit der Systementscheidung in 2000 die Erarbeitung der Kodierrichtlinien in Auftrag gegeben, die bei der Gewichtskalkulation in
2001 zugrunde zu legen sind.
Die Krankenhäuser haben zunächst ein ökonomisches
Eigeninteresse an einer möglichst vollständigen Kodierung. Die internationalen Erfahrungen zeigen aber, dass
es notwendig ist, die korrekte Kodierung zu kontrollieren.
In den USA gibt es eigenständige Institutionen und Verfahren für die externe Kontrolle, um einem absichtlichen
oder unabsichtlichen „Upcoding“ zu begegnen (Sangha
2001).
Auf der Krankenhausseite stellt sich die Frage, wie
man die Kodierung organisiert. In den USA und in Australien wird die Verschlüsselung von professionellen Kodierern vorgenommen. Es ist hier eine neue Berufsgruppe
von medizinischen Dokumentationsspezialisten entstanden.
Strukturzuschläge und Sonderregelungsbereiche
Bei der Implementierung eines DRG-basierten Entgeltsystems muss zunächst klar sein, welche Leistungsbereiche
gesonderten Regelungen zuzuführen sind und für welche
Finanzierungstatbestände, die nicht in gleicher Weise in
allen Krankenhäusern vorliegen, Strukturzuschläge zu
vereinbaren sind. Erst wenn auf diese Weise die in die
DRG-Vergütung einbezogenen Leistungsinhalte festgelegt
sind, kann die Kalkulation der Kostengewichte durchgeführt werden.
Als Sonderregelungsbereich hat der Gesetzgeber zunächst die Psychiatrie ausgegrenzt, für die gemäß den internationalen Erfahrungen eine Abbildung der Leistungen
29
Kontrolle
Neue Berufsgruppe
Sonderregelung
für Psychiatrie
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Zentrale Regelungsbereiche des DRG-Anpassungsprozesses in Deutschland
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Hilfe
über DRGs eher nicht in Frage kommt und daher nach
alternativen Vergütungsformen zu suchen ist (Lauterbach
u. Lüngen 2000). Mit der Festlegung der Strukturzuschläge und ihrer ökonomischen Bewertung hat der Gesetzgeber die Selbstverwaltung beauftragt und dabei auf Notfallversorgung, die Vorhaltung von Leistungen zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung, die Erbringung
von Ausbildungsleistungen sowie die Aufnahme von Begleitpersonen abgehoben.
Ausreißer
Verlegungen
Ergänzende Vergütungsregeln
Weitere Festlegungen sind hinsichtlich der Vergütungsregeln zu treffen. Zum einen ist festzulegen, nach welchen
Kriterien Ausreißer identifiziert werden, zum anderen ist
die Vergütung solcher Fälle zu regeln. In den USA werden in Medicare seit 1998 Zuschläge für Kostenausreißer
gezahlt, wenn die Behandlungskosten den DRG-Fallwert
um einen festen Betrag übersteigen, unabhängig von der
DRG. Für die so definierten Ausreißer erhalten die Krankenhäuser die Behandlungskosten abzüglich des Schwellenwertes zu 80% vergütet. Bis 1997 hatte die HCFA noch
Zuschläge sowohl für Verweildauer- als auch für Kostenausreißer gezahlt (Günster 2001).
Neben der Ausreißervergütung sind Vergütungsregeln
zu definieren, die sich auf die Aufteilung einer Fallvergütung beziehen, wenn der entsprechende Behandlungsfall
mehrere Krankenhäuser durchläuft. Zu klären ist auch,
wann ein neuer vergütungsrelevanter Fall entsteht und
wie hier Wiederaufnahmen mit kurzem zeitlichem Abstand und im gleichen Diagnosekontext zu verorten sind.
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Auswirkungen auf die stationäre Versorgung
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Treffer
Sicherung der Behandlungsqualität
Generell bergen pauschalierte Vergütungssystem die Gefahr von Qualitätseinbußen. Einerseits ist es durchaus
erwünscht, dass sich die Krankenhäuser um eine wirtschaftliche Leistungserbringung bemühen und auf nicht
notwendige Leistungen verzichten. Kritisch wird es jedoch dann, wenn Patienten notwendige Leistungen vorenthalten werden oder der generelle Trend von DRG-basierten Vergütungssystemen zur Verweildauerverkürzung
dahingehend überstrapaziert wird, dass Patienten zu früh
entlassen werden und die Wiederaufnahmeraten steigen.
Die internationalen Studienlage zur Einführung pauschalierter Vergütungssysteme zeigt generell keine gravierenden Qualitätsprobleme, die mit der Einführung fallpauschalierter Vergütungssysteme verbunden wären (Lauterbach u. Lüngen 2000; Coffey u. Louis 2001; Sangha
2001).
In der jeweiligen nationalen Praxis geht die Einführung pauschalierter Vergütungssysteme üblicherweise
auch mit der Implementierung von Institutionen und
Maßnahmen zur Qualitätssicherung einher. Bereits im
Rahmen des bisherigen Fallpauschal- und Sonderentgeltsystems wurde in Deutschland ein Qualitätssicherungsverfahren installiert. Hinsichtlich des neuen Entgeltsystems
sind entsprechende Regelungen zu treffen.
Qualitätsrisiken
Qualitätssicherungsmaßnahmen notwendig
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Auswirkungen auf die stationäre Versorgung
Hinsichtlich der Auswirkungen eines DRG-basierten
Vergütungssystems auf die stationäre Versorgung ist man
zum gegenwärtigen Zeitpunkt zum einen darauf verwiesen,
sich allgemein über die prinzipiellen Anreizwirkungen einer pauschalierten Vergütung Klarheit zu verschaffen und
zum anderen Erfahrungen anderer Länder zu betrachten.
31
2 z 21 10
Auswirkungen auf die stationäre Versorgung
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Internationaler
Erfahrungsvergleich
Schwierige
Vorhersagen
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Treffer
Hilfe
Fragt man nach internationalen Erfahrungen, dann
schaut man zunächst auf die USA, wo DRGs bereits über
15 Jahre als Basis der Vergütung eingesetzt werden (Coffey u. Louis 2001). Für die USA gilt es allerdings zu beachten, dass insbesondere in den 90er Jahren eine starke
Ausweitung von Managed-Care-Versorgungsmodellen erfolgte und dadurch einige Wirkungen der DRGs überlagert wurden. Für Europa (Rochell u. Roeder 2001) und
Australien (Duckett 2001) liegen Erkenntnisse über die
Einflüsse einer DRG-basierten Vergütung vornehmlich für
die 90er Jahre – vor allem für die zweite Hälfte der 90er
Jahre – vor. Deutschland hat erste Erfahrungen mit einer
pauschalen Vergütung von Krankenhausleistungen im
Rahmen des derzeit geltenden Mischsystems machen
können.
Die unterschiedlichen institutionellen Rahmenbedingungen der Krankenhausversorgung in den einzelnen
Ländern erlauben keine definitiven Voraussagen hinsichtlich des Wirkens von DRGs als Vergütungsgrundlage in
Deutschland. Viel wird auch hier davon abhängen, in welchem institutionellen Kontext DRGs zukünftig in
Deutschland eingesetzt werden.
Prinzipiell ist von folgenden Anreizen auszugehen:
z Effektivierung der Versorgungsorganisation
z Reduzierung der Verweildauern
z Verbesserung der Kodierung zur verbesserten Erfassung von möglichen Begleiterkrankungen und Komplexitäten
z Gefahr einer fehlerhaften, missbräuchlichen oder sogar kriminell falschen Kodierung (Up-Coding)
z Gefahr von Qualitätsrisiken durch eine unzureichende
Versorgung, zu frühe Entlassungen oder eine mangelhafte Überleitung in komplementäre Versorgungs32
Auswirkungen auf die stationäre Versorgung
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Juni 2001
z
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2 z 21 10
Hilfe
Treffer
bereiche außerhalb des Krankenhauses (Reha, ambulante Versorgung, häusliche Versorgung)
Verlegung einfacher Fälle in die ambulante Versorgung
bzw. Ausweitung ambulanter Leistungsangebote im
Krankenhaus.
Coffey und Louis (2001) bestätigen diese grundsätzlich
erwartbaren Auswirkungen im Blick auf die Einführung
einer DRG-basierten Vergütung in den USA. Dazu gehören allerdings auch Auswirkungen von Steuerungs- und
Kontrollmaßnahmen, die parallel bzw. ergänzend zur
DRG-basierten Vergütung eingeführt wurden (z. B. externe Reviews und Einweisungskontrollen). Coffey und Louis
berichten u. a. von folgenden Effekten:
z Verbesserung der Kodierqualität
z Reduzierung der Verweildauer
z Rückgang der Bettenauslastung
z verminderter Anstieg der Kosten pro Patient
z reduzierte Einweisungsquoten, verstärkte Inanspruchnahme häuslicher Pflege
z Integration der klinischen und administrativen EDVSysteme.
Zugleich verweisen sie darauf, dass es in den USA zu keinem Rückgang der Gesamtausgaben im Gesundheitswesen gekommen ist.
Erfahrungen
in den USA
Im Blick auf europäische Erfahrungen berichten Rochell
und Roeder (2001) unter Bezug auf eine Studie zum Vergleich von DRG-Anwender- mit Nichtanwenderländern
ebenfalls von einer erkennbar geringeren durchschnittlichen Verweildauer in den Anwenderländern. Studien
aus Ländern mit DRG-Einführung würden vor allem für
die Einführungsphase deutliche Verweildauerrückgänge,
Europäische
Erfahrungen
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Anforderungen an das Krankenhausmanagement
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Verweildauer
im Vergleich
einen Anstieg des CMI, einen Fallzahlanstieg bei einem
gleichzeitigen Rückgang der Fallkosten sowie eine Erhöhung der Kosten pro Behandlungstag feststellen. Gerade
in der Einführungsphase sei allerdings auch mit einem
spürbaren „virtuellen“ Schweregradanstieg allein aufgrund der verbesserten Kodierung zu rechnen. Unter
Budgetbedingungen und bei unverändertem Patientengut
im stationären Bereich wird dies durch eine entsprechende Absenkung des anfänglich ermittelten Basisfallwerts
kompensiert werden.
Der Vergleich wichtiger Kennzahlen der Krankenhausnutzung in Deutschland mit Australien und den USA
zeigt, dass in Australien und den USA Krankenhaushäufigkeit und Verweildauerwerte deutlich unter den Werten
in Deutschland liegen (Mansky 2001). Beide Effekte zusammen sorgen dafür, dass in Australien nur 40% und in
den USA sogar nur 28% der in Deutschland aufgewendeten Behandlungstage für die stationäre Versorgung vergleichbarer Einwohnerzahlen erforderlich sind. Entsprechend deutlich größer sind die Versorgungsanteile, die in
amerikanischen oder australischen Krankenhäusern als
Stundenfälle oder ambulante Fälle versorgt werden.
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Anforderungen an das Krankenhausmanagement
Große Veränderungen
stehen an
Von der Vergütungsreform werden zentrale Impulse auf
das Krankenhausmanagement ausgehen. Hier wird es zu
den Umstellungsprozessen kommen, welche die Performanz des stationären Versorgungssystems wie im vorherigen Kapitel skizziert verändern werden. Auch für das
Handeln des Krankenhausmanagements wird der ordnungspolitische Rahmen des neuen Vergütungssystems
von entscheidender Bedeutung sein. Insofern ist auch
hier noch vieles nicht definitiv absehbar. Gleichwohl las34
Anforderungen an das Krankenhausmanagement
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Hilfe
Treffer
sen sich bereits jetzt einige Herausforderungen für das
Management unter DRGs benennen, mit denen gerechnet
werden kann (vgl. Fengler 2000, Leititis 2000). Hierzu
gehören u. a.:
z Leistungs- und Preiswettbewerb zwischen den Krankenhäusern
z Bildung strategischer Allianzen sowohl mit außerund nachstationären Anbietern (vertikale Integration)
als auch mit anderen Krankenhäusern (horizontale Integration)
z Konzentration auf Kernkompetenzen (Spezialisierung)
z Ausweitung ambulanter Leistungen
z stärkere Durchdringung des Leistungsgeschehens
durch Behandlungsstandards(-pfade) und Leitlinien
z Entwicklung abgestufter Pflegeeinsatzkonzepte
z steigende Bedeutung von Qualität als Wettbewerbsparameter
z Optimierung der ärztlichen Leistungsdokumentation
z Etablierung neuer Berufs- und Arbeitsfelder
z Veränderung der Zusammenarbeit der Berufe durch
veränderte Funktionszuweisungen und Verantwortlichkeiten
z Etablierung einer DRG-bezogenen Kostenrechnung
z verstärkte Investitionen in Krankenhausinformationssysteme
z Integration der medizinischen und administrativen
EDV.
Zu lange Verweildauern aufgrund einer schlechten Ablauforganisation stellen zukünftig ein ökonomisches Risiko für das Krankenhaus dar. Managementimpulse auf das
Behandlungsgeschehen werden voraussichtlich steigen. Einen Rahmen hierfür können strukturierte Behandlungs35
Schlechtes
Management hat
ökonomische Folgen
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Anforderungen an das Krankenhausmanagement
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Treffer
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pfade darstellen. Das wird insbesondere bei skalierbaren,
vorwiegend selektiven Leistungen, aber durchaus auch
bei Akutfällen greifen.
Kurzfristig wird es für das Management darauf ankommen,
z ein strategisches Know-how in Bezug auf das
neue Vergütungssystem aufzubauen,
z sich personell auf die notwendigen Veränderungen einzustellen sowie
z die Dokumentation des Leistungsgeschehens zu
verbessern,
um sich bereits jetzt über den Status des eigenen
Hauses und einzelner Abteilungen unter DRG-Bedingungen gut orientieren zu können.
Anhang
DRG-Grundbegriffe
Ausreißer: Einer DRG zugeordneter Fall mit entweder einer signifikant höheren Verweildauer (day-outlier) oder
einem signifikant höheren Ressourcenverbrauch (costoutlier) gegenüber dem durchschnittlichen DRG-Fall.
Base rate: Basisfallwert, durchschnittlicher Fallwert.
Case-Mix: Bewertungs- und Vergleichswert entweder bezogen auf einzelne Fälle wie auch auf das in einem Krankenhaus behandelte Patientenspektrum; oft wird der Begriff case-mix auch synonym für Patientenklassifizierung
angewendet.
Case-Mix-Index: Fallschwere-Index, durchschnittliche
Fallschwere einer definierten Patientengruppe (Summe
der Relativgewichte aller Behandlungsfälle, dividiert
durch die Anzahl der Behandlungsfälle).
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Anforderungen an das Krankenhausmanagement
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Treffer
DRG-Creep: Veränderung der durch die Kodierung von
Haupt- und Nebendiagnosen dokumentierten Fallschwere,
gemeint wird hier oftmals sowohl die Fallschwereerhöhung durch ein umfassenderes aber korrektes Kodieren
als auch die bewusste Manipulation der Fallschweredokumentation durch bewusstes Falschkodieren (oft auch upcoding genannt).
Fehler-DRG: Dient der Zuordnung von fehlerhaft kodierten, unzulässigen oder nicht zuzuordnenden Patientenfällen in eine DRG, um dem Anspruch der vollständigen
Zuweisung aller akutstationären Fälle in DRGs zu entsprechen.
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Grouper: Software-Programm zur Gruppierung aller
Krankenhausfälle in MDCs und DRGs.
Komorbidität (comorbidity): Kennzeichnet üblicherweise
zwei oder mehrere parallele Krankheitsbilder.
Komplikation (complication): Eine zusätzliche, nicht mit
der ursprünglichen Erkrankung zwingend zusammenhängende Erkrankung.
Relativ- oder Kostengewicht (cost-weight): Relativer
,Wert‘ einer Fallgruppe bezogen auf einen durchschnittlichen, üblicherweise mit 1,0 bewerteten Fall.
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Anforderungen an das Krankenhausmanagement
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Hilfe
Literatur
Arnold M, Litsch M, Schellschmidt H (Hrsg) (2001) Krankenhaus-Report 2000. Schattauer, Stuttgart
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Anforderungen an das Krankenhausmanagement
Juni 2001
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